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Archiv für die Kategorie “Mittelasien – Schätze der Seidenstraße”

Buchara

Buchara (Buxoro) war neben Samarkand unser zweites Sehnsuchtsziel. Die 2500 Jahre alte Stadt war ein wichtiger Knotenpunkt der alten Seidenstraße. Seit jeher ist es in allen Bereichen ein bedeutendes Zentrum Zentralasiens und zählt seit 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Während Samarkands Sehenswürdigkeiten einiges voneinander entfernt liegen kommt man sich in der Altstadt von Buchara wie in einem Freilichtmuseum vor. Dadurch taucht man mit viel Fantasie in die Vergangenheit der Seidenstraße ein.

Wie alle anderen Städte in Zentralasien musste auch Buchara viele Herrscher und Zerstörungen über sich ergehen lassen. Blütezeiten und Tiefpunkte wechselten sich ab. Das heutige Gesicht basiert wohl auf der Blütezeit im 16.-17. Jahrhundert. Zwar zerstörten die Russen bei deren Überfall Usbekistans einen Großteil der Stadt abermals, aber man baute sie wieder auf und so ist Buchara heute die am vollständigsten erhaltene mittelalterliche Stadt Zentralasiens.

Ein Großteil der Bevölkerung sind Tadschiken. Deshalb ist neben Usbekisch die zweite Sprache im Lande Tadschikisch. Die alle verbindende Sprache ist Russisch.

Unser erster Besuch in Buchara galt dem Sommerpalast des letzten Emirs von Buchara, der das Schloss nach seiner Frau benannte, Sitorai Mohi Xosa. Es liegt etwas nördlich der Altstadt. Vor dem heutigen Bau standen seit Mitte des 19. Jahrhunderts schon zwei andere Schlösser an dieser Stelle, die jedoch von den neuen Emiren abgerissen und neu errichtet wurden. Das heutige Schloss wurde 1918 unter Alim Khan vollendet.

Durch ein prächtiges Eingangstor, welches mit glasierten Ziegeln geschmückt ist, betritt man das Gelände des Palastes.

Zuerst gelangt man in den Außenhof, der auch Handwerkerhof genannt wird. Hier gingen die verschiedenen Handwerker wie Goldschmiede, Schnitzer oder Kalligraphen ihren Beschäftigungen nach. Die Gäste, die den Palast besuchten, konnten so die Arbeit der Handwerker beobachten und bewundern.

Durch ein kleineres Tor, welches aus Holz gefertigt ist, erreicht man den Innenhof des Palastes. Hier halten sich viele Pfauen auf, die auch hin und wieder ihre mit Pfauenaugen geschmückten Schwanzfedern aufstellen. Wir haben das schon oft gesehen, beeindruckend ist es jedes Mal auf´s Neue.

Die Einrichtung des Palastes selber, vom Außenhof begehbar, ist noch original erhalten. Jeder Saal sieht anders aus, und es wurde viel mit Spiegeln gearbeitet, aber auch mit Stuck und Malereien. Mehrere kunstvoll gestaltete Kachelöfen sind zu sehen.

Im Wintergarten ist eine Vasensammlung untergebracht. Sogar einen Einbauschrank mit Glastüren gibt es.

Im Innenhof befindet sich das Gästehaus „Khonai khasht“ aus dem Jahre 1915/16. Es dient heute als Museum für angewandte Kunst. Ausgestellt sind die Originalkleidung der Bucharaer, Tuche Keramik, Schmuck und Waffen. Buchara ist berühmt für seine Stickteppiche, die sogenannten Susanas. Schon die Mädchen erlernen die Kunst des Stickens, die sie als Frauen weiterführen. Die Stickereien zieren auch Kissenhüllen, Decken usw.. Teilweise sind die Stickereien so fein, dass man zuerst an Malereien denkt. Vor allem natürliche Motive werden hier verwendet.

Im hinteren Teil des Schlossparks ist das Schlafzimmergebäude zu sehen, welches an ein großes Wasserbecken grenzt. Bei ruhigem Wasser spiegelt sich das Gebäude wunderschön darauf.

Unter dem orientalischen Pavillon wird die Kunst der Stickerei gezeigt. Hier kann man die farbenfrohen Kunststücke dann auch käuflich erwerben.

Auch einen Teppichladen gibt es, in dem der Besucher über die verschiedenen Teppiche Bucharas aufgeklärt wird. Die allermeisten Teppiche sind natürlich gewebt. Die Materialien reichen dabei von Baumwolle über Kamelwolle bis hin zu Seide. Die Muster Bucharas sind meist geometrisch, mit einer Art „Augenmuster“, welches ganz typisch für Buchara ist. Die Preise der Teppiche sind dabei um einiges günstiger als die Teppiche, die man in der Türkei kaufen kann.

Das war schon einmal ein guter Einstand in Buchara. Nach dem Besuch des Sommerpalastes fuhren wir zum Hotel „Sahid Zarafshon“, wobei wir an der Festung Bucharas vorbei kamen.

Nach dem Einchecken und kurzem Frischmachen spazierten wir durch einige Gassen der Altstadt zum „Laziz House“, wo wir unser Abendessen einnahmen, natürlich traditionell usbekisch. Es ist ein gemütliches Restaurant mit mehreren Gasträumen, die sich auf mehrere Ebenen um einen Innenhof verteilen. Dabei hat man die Wahl zwischen Innen- oder Außenbereich.

Zum Abschluss des Tages spazierten wir im Dunklen durch weitere Gassen der Altstadt bis zum Lyabi Khause-Platz, der das Zentrum der Altstadt bildet. In Usbekistan muss man zu jeder Zeit und beinahe bei jedem Schritt sehen, wo man hintritt. Überall tun sich Löcher und Gräben in und neben den Fußwegen auf, die keinerlei Sicherung besitzen. Das ist sehr gefährlich, vor allem in Dunkeln.

Nun zum Lyabi Khause-Platz. In dessen Mitte befindet sich ein künstliches Wasserbecken mit einem Springbrunnen und Schwänen darauf. Ein kleiner Park schließt sich an dieses Wasserbecken an, in dem einige Bar´s und Restaurants zur Einkehr einladen. Viele Leute nutzen sie zum Entspannen und Ausruhen bis spät in die Nacht hinein.

Um dieses Wasserbecken gruppieren sich mehrere historische Bauwerke. Im Westen steht die „Nodir Devonbegi Chanaqa“, ein ehemaliges Zentrum der Sufi-Bruderschaft aus dem Jahre 1620. Hier wohnten und arbeiteten die islamischen Derwische, die aber auch Pilger beherbergten.
Gegenüber begrenzt die „Nodir Devonbegi Madrasah (Medresse) den Lyabi Khause-Platz. Das Gebäude entstand 1623 wohl zuerst als Karawanserei, wurde aber später zur Medresse (Koranschule) umgebaut.

Um noch mehr vom nächtlichen Buchara zu erleben spazierten wir ein wenig weiter durch die Altstadt, durch den Toqi Sarrofon, einem kleinen Basar, und vorbei an einer archäologischen Ausgrabungsstätte, in der weitere Teile des alten Buchara das Tageslicht wieder erblicken.

Daran schließt sich die Mag´oki-Attori-Moschee an.

Das alles werden wir uns morgen am Tage noch einmal ansehen und besuchen, aber nun endete der lange Tag und der Bus brachte uns zum Hotel zurück.

Am nächsten Morgen besuchten wir zuerst das Samaniden-Mausoleum. Es ist eines der ältesten Architekturdenkmäler Bucharas, denn es stammt aus dem 9.-10. Jahrhundert. Ismoil Samoniy baute es wohl für seinen Vater.

Das Mausoleum ist ein kleiner quadratischer Ziegelbau, dessen vier Seiten alle unterschiedliche Gestaltungsmerkmale aufweisen. Die kunstvoll arrangierten Ziegel wurden mit einem Mörtel verbaut, dessen Bestandteile auch Kamelmilch und Eiweiß sind. Sicher eine Erklärung dafür, dass das Mausoleum heute noch steht und von den künstlerischen Ideen vor tausend Jahren berichtet.

Das erstaunliche Design setzt sich im Inneren fort, wo auch der Sarkophag steht.

Das Samaniden-Mausoleum wird von dem gleichnamigen Park umgeben, durch den der Shakhrud-Kanal fließt. Dieser Kanal zieht sich durch die komplette Altstadt Bucharas.

Von hier aus erreicht man fußläufig, wie alles im historischen Zentrum der Stadt, das Chashmai-Ayyub-Mausoleum, oder Hiobsbrunnen-Mausoleum. Es ist ein schlichter Bau, dessen Teile in mehreren Zeiten entstand. Der älteste Teil stammt wohl vom Anfang des 12. Jahrhunderts, also aus der Karachanidenzeit. Später, Ende des 14. Jahrhunderts zu Timurs Zeiten, kam der Teil mit der konischen Kuppel dazu. Im 16. Jahrhundert baute man das Mausoleum um und erweiterte es abermals.

Im Inneren wartet das Bauwerk mit einer Überraschung auf. Der Legende nach soll Hiob mit seinem Stab an dieser Stelle eine Quelle aus dem Boden hervortreten lassen haben, die bis heute Wasser liefert. Eher wahrscheinlich ist es, dass man im 10. Jahrhundert eine Sardoba, also Zisterne für Buchara baute. Da passt es gut, in den Räumen des Mausoleums ein Museum einzurichten, in dem es um die Wasserwirtschaft Usbekistans geht.

Was den hier begrabenen Ayyub angeht, ranken sich einige Geschichten um ihn. Er stammte aus Hebron. Keine Ahnung was der Anlass war, jedenfalls schickte Allah den Satan, der Ayyub mit allem schrecklichen Übel bestrafte. Sein Körper und seine Haut befanden sich in einem sehr schlimmen Zustand. Trotz dieser harten Prüfung verlor Ayyub seinen Glauben nicht. Nach vielen Gebeten und Bitten schickte Allah den Erzengel Gabriel, der Ayyub befiehlt seinen Fuß auf die Erde zu stampfen. Genau an dieser Stelle entsprang eine Quelle mit heilender Wirkung. Allerdings kennt niemand den genauen Standort dieser Quelle, die von Syrien bis nach Kasachstan überall sein kann.

Gegenüber des Chashmai-Ayyub-Mausoleums befindet sich die Gedenkstätte für den Imam Al-Bukhari, einen bedeutenden muslimischen Theologen und Autor.

Nun setzten wir unseren Weg in Richtung Osten fort. Bevor wir die Zitadelle von Buchara besichtigten, kamen wir an der Bolo-Hovuz-Moschee aus dem Jahre 1712 vorbei. Die Front des Bauwerks ist wunderschön. Die vielen fast zerbrechlich wirkenden Holzsäulen, die das Vordach tragen, verleihen ihm ein zartes Aussehen. Die Wände und die Kassettendecke der Vorhalle sind reich verziert und bemalt.

Davor befindet sich ein eckiges Wasserbecken mit einer Kantenlänge von 20 Metern. Stufen führen zur Wasseroberfläche. Zwischen der Moschee und dem Wasserbecken erhebt sich ein kleines Minarett.
Das Wasserbecken ist viel älter als die Moschee, die heute wieder als solche genutzt wird. Es diente der Wasserversorgung der Bevölkerung Bucharas.

Wir sind jetzt schon eine ganze Weile in der Vergangenheit unterwegs, als der Bukhara Tower, oder auch Shukhov-Turm, ins Blickfeld kommt. Der passt so gar nicht ins Bild, zumal gleich gegenüber mit der Zitadelle der Pfad durch die Vergangenheit fortgesetzt wird.

Hat man den optischen Schock überwunden, verdient er doch etwas mehr Aufmerksamkeit. Zu Sowjetzeiten, vor ca. 100 Jahren als Wasserturm errichtet, zerstörte ein Brand 1975 den Wassertank. Erst Anfang des 21. Jahrhunderts richtete man wieder die Aufmerksamkeit auf den zerstörten Turm. Man renovierte ihn und baute ihn zu einem Aussichtspunkt um.

Nun richteten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Zitadelle „Ark“. An der Stelle der heutigen Festung gab es wohl schon Vorläufer seit dem IV.-III. Jahrhundert v.Chr. Seitdem baute man Festungen und zerstörte sie wieder. Es ist deshalb das älteste Bauwerk in Buchara. Erst im 16. Jahrhundert erhielt sie ihre heutige Gestalt mit einer dicken Befestigungsmauer und mehreren Toren. Sie diente den Herrschern von Buchara bis zum Jahre 1920, als die Russen die Herrschaft übernahmen. Die Festung war nicht nur Herrschersitz, es waren auf dem Gelände auch staatliche und wirtschaftliche Institutionen untergebracht.

Natürlich verfiel auch sie im Laufe der Jahrhunderte und man rekonstruierte bis in die Gegenwart nur einen sehr kleinen Teil.

Die zu besichtigenden Teile der Festung sind die Palastmoschee „Djome“ aus dem 18. Jahrhundert, der Hof „Kushbegi“ des Premierministers aus dem 19. Jahrhundert, der Thronsaal aus dem 17. Jahrhundert, der Begrüßungshof und der Stall. Mehrere verschiedene Museen sind zudem innerhalb der alten Festungsmauern untergebracht.

Man betritt die Festung durch das Westtor. Die beiden Seiten des Durchgangs werden schon als Museum genutzt. Fotos verschiedener antiker Bauwerke Bucharas als Ruinen und Rekonstruktionen sowie Artefakte zeigen ein Stück Vergangenheit der Stadt an der Seidenstraße. Manche der Räume wurden wohl auch eine Zeit lang als Gefängnis genutzt.

Dann steht man vor der Djome-Moschee, die als Freitagsmoschee der Festung diente. Der originale Holzbau brannte 1920 ab und man errichtete sie als Massivbau neu. Nur der dreiseitige Säulenvorbau blieb hölzern.

Folgt man der Gasse in der Front der Moschee gelangt man zum Thronsaal. Wir gehen einmal davon aus, dass er früher überdacht war. Heute ist es ein Innenhof, den man durch ein Tor betritt, dem eine große Wandscheibe folgt, so dass man beim Eintritt nicht direkt den Thronsaal sehen kann. Dies war eine Art Wartebereich, bevor man weiter geführt wurde.

Der Thron steht unter einem hölzernen, schön verzierten Vordach, welches durch sehr schlanke Holzsäulen getragen wird, wie wir es in Buchara schon mehrfach gesehen haben.

Nach den beiden Hauptsachen der Festung besichtigten wir nur kurz die restlichen Höfe und beendeten dann diesen Besuch.

Entlang der West- und Südseite des „Ark“ spazierten wir nun zum „Po-i-Kalon-Komplex“, der in der Hauptsache im 16.-18. Jahrhundert entstand. Es ist das zentrale architektonische Ensemble Bucharas und umfasst das Kalon-Minarett, die Kalon-Moschee, die Miri-Arab-Medresse und die kleine Amir-Alimkhan-Medresse, die erst Anfang des 20. Jahrhunderts entstand.

Der Hingucker des Platzes ist das Kalon-Minarett. Es wurde Anfang des 12. Jahrhunderts gebaut. Der untere Durchmesser des Minaretts misst 9 Meter, verjüngt aber nach oben hin auf 6 Meter. Hoch ist das Minarett ca. 46 Meter. Im Inneren führt eine Wendeltreppe nach oben. Die Ziegel bilden an der Außenwand reiche Verzierungen.

Die Kalon-Moschee stammt aus dem 15. Jahrhundert. Sie ist nach der Bibi-Khanum-Moschee in Samarkand die zweitgrößte Moschee Zentralasiens.

Der Innenhof ist sehr groß, mit einen Baum in der Mitte. Zehntausend Gläubige finden hier Platz.

Gegenüber dem Eingangstor steht ein weiteres Tor, vor dem sich ein achteckiger Pavillon befindet. Betritt man das zweite Eingangsportal gelangt man zur Gebetsnische mit einer hohen Innenkuppel, und zu einer Säulengalerie, die sich an den drei Seiten des Innenhofes entlangzieht und von 288 Kuppeln überdacht wird. Diese wurden in der Bibi-Khanum-Moschee in Samarkand nicht rekonstruiert.

Die Miri-Arab-Medresse wird von zwei blauen Kuppeln gekrönt, ist aber wegen Rekonstruktionsarbeiten für Besucher nicht zugänglich. Sie stammt aus dem 16. Jahrhundert und ist die einzige noch aktive islamische Hochschule. Der Erbauer, ein jemenitischer Scheich mit dem Beinamen Miri Arab, liegt in der Medresse begraben.

Gleich hinter der Medresse steht der „Toqi zargaron“-Basar aus dem 16. Jahrhundert. Es ist der älteste und größte Basar Bucharas. Er diente den Juwelieren und Goldschmieden als Werkstatt und Verkaufsraum. Es soll wohl dreißig Werkstätten gegeben haben.
Inzwischen bekommt man außer Schmuck auch vieles andere, was vor allem die Touristen interessiert.

Wie viele Basare in Buchara liegt auch dieser an einer Straßenkreuzung und wird von vielen kleinen Kuppeln überdacht, die von einer großen zentralen Kuppel gekrönt werden. So bekommt man wieder eine kleine Vorstellung vom Aussehen der Städte an der alten Seidenstraße.

Nach einer Kaffeepause im „Oriental Tea House“, das gleich an den Basar grenzt, besuchten wir einen Gewürzhändler, einen Messerhersteller und einen Teppichladen, alles nur informativ. Wenn dann jemand etwas kaufen wollte, bekamen wir anschließend genug Zeit uns selbst noch einmal in Ruhe umzusehen.

Uns interessierte ein Küchenmesser. Alle Messer, die mit kunstvoll und wertig gestalteten Griffen daherkommen, sowie Scheren sind beste Qualität mit langer Garantie. Nur für das ausgesuchte Küchenmesser wollte der gute Mann 150,-€ haben. Da lohnte auch kein Handeln mehr. So viel wollen wir nicht für ein Messer ausgeben.

Im Teppichladen bekamen wir wieder eine Einführung in die Teppichkunst Bucharas. Die Preise hier sind, wie schon erwähnt, erschwinglich. Neben Teppichen werden auch Tücher und Kissenbezüge angeboten.

Nach der Freizeit setzten wir den Stadtrundgang durch Bucharas Zentrum fort, zum südlich gelegenen „Toqi Telpakfurushon“, dem sechseckigen „Kuppelbasar der Mützenverkäufer“. Äußerlich ebenso mit kleinen und einer großen Kuppel gestaltet, sind die Gewölbe im Inneren wunderschön ausgemauert. Getragen werden die Kuppeln wieder von Säulen. Das Angebot ist das Gleiche wie überall, von Kunsthandwerk über Stoffe bis hin zu Haushaltsausstattungen.

Am Nördlichen Ende des Basars grenzt das „Bozori Kord Badehaus“, ein altes Hammam. Um die Annehmlichkeiten des Badehauses zu genießen braucht man allerdings einen Termin. So blieb uns nur ein paar Bilder vom Inneren des Badehauses, die im Vorraum hängen, zu betrachten.

Die meisten der Badehäuser in Buchara, es waren einmal zwanzig, wurden im 16./17. Jahrhundert erbaut. Sie hatten alle die gleiche Form, nur unterschiedlich viele Räume. Der erste Raum war die Garderobe, daran schloss sich nach einem langen schmalen Weg der nächste Raum an, in dem man sich Beine und Füße wusch. Dann gelangte man in die Räume mit heißem Wasser, mit kaltem Wasser und in einen speziellen Raum für Massage und Rasur.
Bei den Einheimischen, ausländischen Händlern und Gästen waren die Badehäuser sehr beliebt.

Das Abendessen nahmen wir heute im „Anor-Restaurant“, zwischen den beiden genannten Basaren gelegen, ein. Es ist ein modernes Restaurant mit sehr guter usbekischer Küche. Umrahmt wurde das Essen von Life-Musik und Tanzeinlagen. Die zwei Tänzerinnen trugen dabei verschiedene sehr schöne Kleider und Kostüme. Es wurde also ein rundum gelungener Abend, der aber immer noch nicht zu Ende war.

Als Abschluss des Tages besuchten wir das Kalon-Ensemble, also den „Po-i-Kalon-Komplex“, noch einmal bei Nacht. Die zartbunte Beleuchtung der Moschee, der Medresse und des Kalon-Minaretts ist einfach wunderbar. Über allem schien der Mond, der dem Ganzen etwas mystisches gab. Damit ging ein weiteres Mal ein sehr langer Tag zu Ende.

Der dritte Tag in Buchara. Das erste Ziel für den Tag war die Chor Minor-Moschee. Chor Minor bedeutet „vier Minarette“. Die Zahl „4“ ist die heilige Zahl des Islam.

Um dorthin zu gelangen setzte uns der Bus am Rande eines traditionellen Wohngebietes ab, damit wir durch dessen Gassen schlendern konnten. Die Erdgeschosse der Häuser besitzen kaum Fenster, dafür aber mehr oder weniger prächtige Türen und Tore. Hier erfuhren wir, wie man Einlass begehrt. Steht ein Mann vor der Tür benutzt er dreimal den Türklopfer. Eine Frau klopft mit den Fingerknöcheln dreimal an die Tür. Bei einem Mann öffnet ein Mann, bei einer Frau eine Frau. Man klopft maximal dreimal, viermal ist unhöflich. Öffnet nach dreimal Klopfen niemand heißt das: man will nicht, man kann nicht oder man ist nicht da. Das sind doch klare Verhältnisse.

Neben den schönen Türen und Toren lassen sich auch sehr schöne Schilder mit den jeweiligen Straßennamen finden.

Nach ein paar Gassen erheben sich die vier Minarette, 17 Meter hoch, mit den blauen Kuppeln der Chor Minor-Moschee in den Himmel. Es sind jedoch keine Minarette, sondern sie dienten nur der Zier des Bauwerks. Der zentrale Bau wird von einer durch Rippen verstärkten Kuppel überdacht. Die Moschee steht im Osten der Altstadt Bucharas und diente gleichzeitig als Torgebäude. Sie wurde 1807 im Rahmen eines ganzen Medressen-Komplexes von einem reichen Turkmenen erbaut.

Zu Emir-Zeiten war es möglich, dass Geschäftsleute anstatt Steuern zu zahlen mit Zustimmung des Emirs Moscheen oder Medressen bauen konnten. So entstand auch Chor Minor.
Inzwischen sind aber nur noch das Torgebäude und ein paar Wohnzellen der Studenten in eingeschossigen Anbauten erhalten. Im Inneren werden Souvenirs verkauft.
Für einen kleinen Eintritt kann man per Treppe in einem der Türme ins Obergeschoss und auf´s Dach gelangen.

Chor Minor erscheint fast zierlich im Vergleich zu den bisher gesehenen antiken Bauwerken. Von der Medressenanlage hat außer dem Torgebäude und den wenigen Anbauten auch das Wasserbecken überlebt.

Gleich gegenüber lockt ein Antikmarkt, in dem alles mögliche angeboten wird. Dort gibt es nichts was es nicht gibt, vor allem viele russische Dinge. Die Preise sind dort nicht eben günstig.

Für eine Überraschung sorgte eine kleine Landschildkröte, die von einem Mädchen mit süßen Maulbeeren gefüttert wurde.

Nach einer kurzen Erfrischung setzten wir den Spaziergang durch das traditionelle Viertel fort, bis wir am Lyabi Khause-Platz heraus kamen. Diesen Platz hatten wir schon am Abend des ersten Tages unseres Besuchs in Buchara erlebt. Jetzt konnten wir ihn uns bei Tageslicht ansehen. Er grenzt direkt an den Shakhrud-Kanal, der sich durch ganz Buchara zieht.

Diesmal besuchten wir die Ko´kaldosh-Medresse, im Norden des Platzes gelegen. Es ist das größte und älteste Bauwerk am Platz und stammt aus dem Jahr 1569. Eine grundlegende Restaurierung fand Ende des 20. Jahrhunderts statt. Neben dem Innenhof und den Unterrichtsräumen wartet die Medresse mit 160 Wohnräumen für die Studenten auf.

Der Eingangsbereich wird oben von einem wunderschönen Gewölbe begrenzt, welches mit Ziegelmustern ausgefacht ist. Hier werden ebenfalls Souvenirs und Kunsthandwerk verkauft.

Nun blieb nur noch das jüdische Viertel Bucharas zu besuchen, welches sich im Süden des Lyabi Khause-Platz anschließt.

Zuerst besichtigten wir das Puppen-Museum. Wir meinen, dass man es unbedingt gesehen haben muss, wenn man in Buchara ist. Zum Museum gehört auch die Werkstatt für die wunderschönen Buchara-Puppen aus Pappmasché. Da sind alle Darsteller und Helden der orientalischen Märchen und Geschichten vertreten. In einer kurzen Vorführung erfährt man alles über die Herstellung und das Handhaben der Puppen, die auch in internationalen Ausstellungen und auf Festivals auftreten. Es ist herzallerliebst, alles waren begeistert.

Gleich nebenan besuchten wir ein Geschäft, in dem das Maulbeerbaum-Papier, auch Seidenpapier, sehr kunstvoll bemalt wird. Leider durften wir dort nicht fotografieren. Die Motive werden mit allerfeinsten Pinseln auf das Papier aufgetragen. Sie reichen von Granatapfel-Motiven und Wiedehopf-Zeichnungen bis hin zu umfangreichen Darstellungen der Seidenstraße. Dabei arbeitet man viel mit Gold. Ein kleines Blatt, so um die 20x20cm, kostet ca. 60,-€. Die Darstellungen der Seidenstraße, oft in längeren Formaten, bewegen sich zwischen 150,- bis 200,-€ oder noch mehr.

Nur wenige Häuser weiter steht die Synagoge des jüdischen Viertels, die wir ebenfalls besuchten. Sie wurde von einem der Emire erbaut, der damit seine Toleranz gegenüber anderen Religionen neben dem Islam demonstrierte.
Von außen nur durch ein Schild zu erkennen, ist sie im Innenbereich doch recht prächtig.

Buchara besaß einmal mit 25.000 Mitgliedern die größte jüdische Gemeinde Mittelasiens. Heute sind es noch um die vierhundert. Der Grund für den starken Rückgang sind die Judenverfolgungen der Neuzeit.

Durch einen Vorraum kommt man in einen Innenhof, von dem mehrere Räume abgehen. In der kleinen jüdischen Sommerhalle aus dem 19. Jahrhundert, deren Wände noch die originalen Verzierungen zeigen, befindet sich ein kleiner Laden mit Kunsthandwerk.

Dann wurden wir in die Synagoge geführt. Dort ist alles in weiß und Gold gehalten. Im Gebetsraum hängen Fotografien an den Wänden, die von der Geschichte der hiesigen jüdischen Gemeinde erzählen.

Außerdem wird hier die älteste Tora überhaupt, aus Hirschhaut bestehend, aufbewahrt, verschlossen in einem Schrank mit Glastüren.

Eine andere, frei zugängliche Tora, wohl in einer Messinghülle, kann gelesen werden, wenn man des hebräischen mächtig ist.

Nach diesem Besuch spazierten wir durch weitere Gassen des jüdischen Viertels, welches sich äußerlich nicht wesentlich von den anderen traditionellen Vierteln unterscheidet. Man muss nur aufpassen, dass man in den zahlreichen Gräben und Löchern auf den Wegen sich nicht die Füße oder schlimmeres verletzt. Die Wege in den alten Vierteln sind dahingehend eine echte Katastrophe.

Irgendwann kamen wir dann an dem kleinen Basar Toqi Sarrofon heraus. Jetzt hatten wir eineinhalb Stunden Freizeit und die Temperatur war auf 38 Grad geklettert. Die Wettervorhersage prophezeit für die nächsten Tage weit über 40 Grad, aber da sind wir wieder zu Hause.

Die Freizeit nutzten wir um uns noch einmal in der Umgebung umzusehen, Geschäfte zu besuchen, einen Kaffee zu trinken und uns zu erfrischen.

Was ich noch nicht erwähnt habe: im Grünen des Lyabi Khause-Platzes, vor der Nodir Devonbegi-Medresse steht eine große Statue des usbekischen Nasreddin Hodscha. Auch die Türken haben ihren Nasreddin Hodscha, der allerdings rückwärts auf seinem Esel dargestellt wird. Der usbekische „Till Eulenspiegel“ sitzt dagegen richtig herum auf dem Esel. Er ist in orientalische Gewänder gehüllt. Aus seinen Geschichten lacht der Schalk, aber er sorgte mit seiner Weisheit in vielen Fällen für Streitschlichtung. Man sollte sich ein Buch über Nasreddin Hodscha kaufen und seine Geschichten lesen. Es ist eine amüsante und lehrreiche Literatur.
Die Statue wird fast immer belagert. Ich hatte das Glück sie einen winzigen Moment alleine auf´s Foto zu bekommen.

Zum Schluss besuchten wir noch einmal die Nodir Devonbegi-Medresse.

Im Innenhof kann man sich bewirten lassen, aber auch einige Handwerker bieten hier ihre Waren feil. Bei einem Schnitzer stehen elegante Buchstützen, aus einem Stück Holz geschnitzt. Ich weiß nicht mehr, aber ich meine, dass es elf verschiedene Möglichkeiten gibt, diese Buchstützen zu nutzen. Der Wahnsinn. Einmal zeigte uns ein Verkäufer die vielen verschiedenen Möglichkeiten, aber noch vor dem Ende hat man die ersten Möglichkeiten vergessen. Man kann die Buchstütze für kleine Bücher, große Bücher, Quer- oder Längsformat nutzen. Es wird sogar berücksichtigt ob man das Buch im Sitzen oder Liegen ließt. Man muss nur die vielen Möglichkeiten im Kopf behalten.

An einem der Stände verkaufte ein Pärchen Seidenpapier-Malereien. Er malte, sie verkaufte. Es sind die gleichen Malereien wie in dem teuren Laden im jüdischen Viertel. Wir haben nicht viele Souvenirs gekauft, nur ein paar Kühlschrankmagneten, aber ein solches Bild mit Darstellung der Seidenstraße hätte mich schon interessiert. Hier wurde ich fündig. Es war ein Bild der kompletten Seidenstraße, mit Städtenamen und Nasreddin Hodscha in der Karawane, wie ich es gesucht habe. Nach ein wenig handeln bekam ich es für 35,-€, nicht für 150,-€. Ich war glücklich.

Jetzt haben wir schon so viel von Buchara gesehen, aber bevor wir mit dem Zug zurück nach Taschkent fahren, um in den Flieger nach Hause zu steigen, blieb immer noch eine Sehenswürdigkeit zu besuchen, der „Gedenkkomplex Bahouddin Naqshband“. Er befindet sich außerhalb Bucharas im Osten.

Bahouddin Naqshband ist der Gründer des Naqshbandi-Sufi-Ordens. Er wurde 1318 in der Region Buchara geboren und hieß eigentlich Muhammad. Bahouddin Naqshbandi war sein religiöser Name, mit dem er einer der bekanntesten Heiligen der islamischen Welt wurde. Er genoss eine religiöse Erziehung durch angesehene Bürger und beherrschte die Kunst der Kalligrafie, mit der er die Liebe Allahs in die Herzen der Menschen bringen konnte. Er blieb fast sein ganzes Leben in oder um Buchara, lebte sehr arm und von seiner eigenen Arbeit. Sein Slogan hieß: „Allah ist im Herzen und die Hände sind bei der Arbeit“.

Der Gedenkkomplex ist eine riesige Anlage mit mehreren Toren in der umgebenden Mauer. Im Inneren der Anlage befinden sich mehrere Moscheen, ein Minarett, zwei Medressen und ein Wasserbecken mit einer Kantenlänge von 30×30 Metern.

Die Amir Muzaffar Khan-Moschee stammt aus dem 19. Jahrhundert. Jeden Tag werden hier fünf Gebete verrichtet. Das alleinstehende Minarett wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im bucharischen Stil erbaut.

Im hinteren Teil, erreichbar über einen langen Fußweg, wird die Mutter Bahouddin Naqshbands mit einem Mausoleum geehrt. Hier befinden sich auch ein Waschraum, ein Schlachthaus und ein kleines Wasserbecken, in dem sich ein Pärchen weiße Höckergänse aufhielt.

Im südlichen Teil der Anlage liegt die riesige Nekropole, durch die wir den Gedenkkomplex wieder verließen.

Es war auch die letzte Gelegenheit, sich den Bauch noch einmal mit den leckeren Maulbeeren voll zu stopfen, die überall in Buchara wachsen und gerade sehr reif sind.

Nun hieß es Abschied nehmen vom Traumziel Mittelasien und der Seidenstraße, denn der Bus brachte uns zum Bahnhof von Buchara, wo wir in den Zug nach Taschkent stiegen. Es war eine angenehme Reise, die uns noch einmal durch die wüstenartige Landschaft Usbekistans brachte, am Goldfeld Navoiy´s vorbei.

Vom Flughafen Taschkents flogen wir zurück in die Heimat, mit kurzem Zwischenstopp in Istanbul.

Noch eines zu Buchara und Umgebung: Es ist nicht nur ein wissenschaftliches und Handelszentrum, sondern von hier kamen auch viele Dinge, die das Leben in Europa veränderten.

Zum Beispiel haben die Chinesen zwar die Spaghetti erfunden, aber das Verfahren zur Trocknung, und damit Haltbarmachung von Teigwaren, kommt aus Buchara. Die Araber nahmen das Rezept mit nach Sizilien, von wo aus die Pasta ihren Siegeszug in die Welt antrat.

Ein jüdischer Bewohner Bucharas erfand die Goldstickerei, die über die alte Seidenstraße ebenfalls nach Europa gelangte.

Erst spät in meinem Leben sah ich den Film „Der Medicus“. Er beeindruckte mich so sehr, dass ich mir den Namen Allah Ibn Sina, oder auch Ibn Sina Avicenna, merkte. Seitdem ist mir dieser Name schon mehrfach begegnet. Auf dieser Reise erfuhr ich, dass der persische Arzt und Philosoph in der Nähe von Buchara geboren wurde. Er lebte um das Jahr 1000.

In der Handlung reist ein englischer Mann mit Kenntnissen der Heilkunst zu Ibn Sina, um von ihm weiter zu lernen. Nach Jahren der Lehre, in der viele europäische Tabu´s gebrochen wurden, wie das Sezieren von Leichen, kehrte er mit einem reichen Wissen nach Europa zurück. Damit machte die Heilkunst dort ein gewaltigen Sprung, wenn die Kirche nicht dazwischen funkte.
Nun ja, der Roman ist zum größten Teil Fiktion, fest steht jedoch, dass das medizinische Wissen in Europa durch die Araber einen großen Aufschwung erfuhr.

Fahrt von Samarkand nach Buchara

Knapp 270 Kilometer weit folgten wir nun ziemlich genau der alten Seidenstraße von Samarkand nach Buchara. Die Straße führt bis nach Navoiy immer im Tal des Zarafshan-Flusses entlang. Dabei kamen wir durch kleine Ortschaften, an Obst- und Gemüseplantagen und einigen Raststätten vorbei. Viel Steppenlandschaft bestimmt jedoch das Landschaftsbild, in der Ferne sind einige Berge zu sehen. Früher baute man Baumwolle an. Heute hat man die Baumwollfelder auf ein Minimum reduziert, denn die brauchen sehr viel Wasser.

Kurz hinter Navoiy, westlich der Stadt gelegen, mitten in der Wüste, befand sich eine Karavanserei mit Zisterne an der Seidenstraße. Von der Karawanserei „Raboti Malik“, was soviel wie „Königliche Festung“ heißt, ist nicht mehr viel übrig. Im 11. und 12. Jahrhundert residierten hier die Herrscher der türkischen Karachaniden-Dynastie. Von den Karachaniden hörten wir schon einmal in Kirgistan, beim Besuch der archäologischen Stätte Buran.

Nach dem Einfall der Mongolen im 12. Jahrhundert nutzte man die Anlage bis ins 18. Jahrhundert hinein als Karawanserei. Hier konnten die Karawanen der Seidenstraße rasten, sich erfrischen, Waren austauschen und Wasser auffüllen.

Wie bei allen antiken Bauwerken nagte auch an der Karawanserei der Zahn der Zeit, aber erst Mitte des 20. Jahrhunderts, als man die Straße durch Navoiy erneuerte, zerstörte man die Reste von Raboti Malik endgültig. Die Mauersteine holten sich die Bewohner des Dorfes Malik für neue Gebäude. Heute sind nur noch die Grundmauern der Anlage übrig, einzig das große Tor rekonstruierte man. Es besteht aus Lehmziegeln.

Im Inneren ist dank der erhaltenen Grundmauern der ehemalige Aufbau der Karawanserei zu erkennen. Um einen Innenhof gruppieren sich die Wohn- und Lagerräume, die sich auf zwei Etagen befanden.

In der Mitte des Innenhofes steht eine große sechseckige Plattform, von der aus Geschäfte abgewickelt worden oder öffentliche Auftritte stattfanden. Um diese große Plattform ragen kleinere runde Plattformen aus dem Boden. Sie dienten wohl als Hilfe, um die Kamele bequemer beladen zu können.

Im Schnitt baute man alle fünfundzwanzig Kilometer eine Karawanserei.

Um die gegenüberliegende Zisterne „Malik Sardoba“ zu erreichen muss man die heutige Schnellstraße überqueren, was bei dem großen, schnell fließenden Verkehr nicht so ganz einfach ist. Hat man das geschafft, führt ein kurzer Spaziergang zur Zisterne.

Ein großer runder Kuppelbau aus Ziegeln überspannt den Brunnen, der durch einen Kanal aus dem Fluss Zerafshan gespeist wird und die Festung bzw. Karawanserei versorgte. Eine Treppe führt ins Innere, hinunter zum Wasserspiegel. Bei einem hohen Wasserstand reicht das Wasser bis zum Beginn der Treppe. Bei unserem Besuch war nur noch eine Pfütze übrig.

In den Wänden der Zisterne sind Fensterlöcher eingelassen, auf der Kuppel steht ein kleines Türmchen, durch dieses ebenfalls Licht in die Zisterne gelangt.

In der Nähe von Beidem stehen mehrere „Imbissbuden“, wenn ich das mal so bezeichnen darf. Eine davon hat die Gestalt einer schön verzierten Kanne. Leider war alles geschlossen, nur der dahinter liegende kleine Shop hatte geöffnet, um sich z.B. kalte Erfrischungen zu holen.

Das war ein netter Aufenthalt, bevor wir die Fahrt nach Buchara fortsetzten. Kurz vor Buchara wird es wieder grüner, denn die Stadt liegt in einer Oase.

Noch ein Wort zu Navoiy. Es ist nach Samarkand die zweitreichste Stadt Usbekistans, was vor allem dem Goldabbau in der Gegend zu verdanken ist. Zudem gibt es viele Wasser- und Kohlekraftwerke.

Ortseingang Navoiy

Samarkand

Endlich haben wir eines unserer Sehnsuchtsziele erreicht – Samarkand. Samarkand bringt man auf jeden Fall mit der alten Seidenstraße in Verbindung, die in der Antike für den Handel zwischen dem Mittelmeer und China aufgebaut wurde.

gezeigt im Ulugh Beg Observatorium

Nach Angaben unseres Reiseleiters liegt die Stadt auf 710m ü.NN, ist mit 600.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Usbekistans und mit 2800 Jahren auch die Älteste. Sie besitzt als einzige Stadt in Mittelasien eine Straßenbahn. Samarkand ist sehr grün. Die drei häufigsten Baumarten in der Stadt sind Kastanien, Platanen und Kiefern.

Fünf große Sehenswürdigkeiten sind in Samarkand zu bestaunen. Zuerst besuchten wir die Papiermanufaktur KONIGIL. Hier stellt man Papier aus Maulbeerholz her. Es wird zwar überall Seidenpapier genannt, aber es ist recht grob. Trotzdem war der Besuch spannend, auch wenn sehr viele Besucher gleichzeitig da waren.

Die Papierherstellung beginnt damit, dass die Zweige des Maulbeerbaumes in eine handliche Länge geschnitten werden. Diese werden in Wasser eingeweicht und entrindet. Die entrindeten Stücke werden wieder eingeweicht, damit sie sich mit Hilfe einer Wassermühle in einzelne Fasern teilen lassen, erst grob, dann immer feiner.

Wenn die Fasern kaum noch zu erkennen sind, kommen sie zusammen mit dem Wasser in Schöpfbehälter. Hier schöpft man mit einem sehr feinen Sieb, welches in einen der späteren Papiergröße angepassten Rahmen eingespannt ist, die feinen Fasern aus dem Wasser und lässt das Wasser abtropfen. Anschließend wird das Papier, immer abwechselnd mit einer Lage Baumwolle oder Leinen gestapelt. Ist der Stapel hoch genug, wird er mit einem Brett abgedeckt und mit einem Stein beschwert. So kann das restliche Wasser langsam ablaufen. Damit die letzte Feuchtigkeit aus dem Papier verschwindet, werden die Blätter einzeln luftgetrocknet.

Nun hat man ein ziemlich grobes Blatt Seidenpapier, handgeschöpft, und fertig zum bemalen oder beschriften. Sogar besticken lässt es sich, oder Masken und Bekleidung daraus herstellen. Die Möglichkeiten sind fast grenzenlos. Das Seidenpapier aus dem Maulbeerbaum ist wahrlich ein Wunderstoff. Schon im 8. Jahrhundert stellte man in Samarkand handgemachtes Papier her, nachdem es die chinesischen Eroberer eingeführt hatten.
Im Shop der Papiermanufaktur können all diese Kunstgegenstände gekauft werden.

Nach so vielen Informationen legten wir eine Teepause ein, bevor wir uns noch die Ölmühle ansahen.

Hat schon jemand etwas von Baumwollöl gehört? Die Produktion konnten wir nicht beobachten, aber die Mühle haben wir gesehen und die „Zutaten“, aus denen das Öl gewonnen wird. Neben Baumwollsamen und Sesamsaat sind noch zwei weitere Saaten, die ich nicht mehr weiß, enthalten. Auf jeden Fall ist das Baumwollöl (auch Baumwollsamenöl) sehr dunkel und intensiv im Geschmack.

Mit so vielen neuen Eindrücken stiegen wir in den Bus, der uns zum nächsten Ziel in Samarkand brachte, dem Ulugh-Beg-Observatorium.

Ulugh Beg, es gibt mehrere Schreibweisen, lebte von 1394-1449. Er war ein Temuridenfürst in Samarkand. Neben seiner Herrscherrolle war er auch Wissenschaftler, vor allem Astronom.

Die Temuriden, zu denen auch der berühmte Amir Temur gehört, auf den man überall in Mittelasien trifft, herrschten 488 Jahre lang über Mittelasien, einen Teil Persiens bis hin nach Nordindien. 198 Herrscher leisteten einen großen Beitrag zur Entwicklung der Weltzivilisation, so kann man es im Museum des Ulugh-Beg-Observatoriums lesen.

Ulugh Beg baute 1417/1420 eine Medresse in Samarkand, eine islamische Hochschule, die zu einer der angesehensten Universitäten wurde. Um die Beobachtung der Astronomen an dieser Schule zu unterstützen baute Ulugh Beg 1424/1428 das Observatorium. Es war ein Rundbau mit drei Stockwerken, 46m im Durchmesser und 30m hoch. Das Bauwerk existiert heute nicht mehr, nur die Grundmauern sind noch erhalten.

Im Observatorium befand sich ein Sextant mit einem Radius von 36 Metern. Da es noch keine Teleskope zu dieser Zeit gab, vergrößerte man einfach die bis dahin bekannten Sextanten. Durch eine Öffnung im Dach konnte man dann den Himmel, die Sonne und die Sterne sehen. Ein Viertel des Sextanten hat die Jahrhunderte überlebt und kann heute im erhaltenen Keller des Observatoriums bestaunt werden, welcher in den Felshügel getrieben wurde.

Im Museum sind Modelle und Bilder des Observatoriums ausgestellt, mit deren Hilfe man sich das Original ganz leicht vorstellen kann.

Mit den Beobachtungen bestimmte man die Länge eines Jahres und erstellte Kalender und Sternenkataloge. 1665 veröffentlichte ein Thomas Hyde in Oxford den Sternenkatalog Ulugh Begs als Buch.

Ulugh Beg selbst ehrte man mit einer großen sitzenden Statue in Bronze auf dem Weg zur Hügelkuppe, auf dem das Observatorium stand.

Eine sehr umfangreiche Sehenswürdigkeit in Samarkand ist der Shakhi-Zinda-Komplex. Dabei handelt es sich um einen beeindruckenden Komplex von elf Mausoleen aus dem 14.-15. Jahrhundert. Die Nekropole, in der Familienmitglieder des Temuridenfürsten Amir Temur bestattet wurden, ist Teil der antiken Stadt Afrosiab, aus der sich das spätere Samarkand entwickelte.

Man betritt den Komplex Shakhi Zinda („Der lebende König“) durch ein prächtiges Portal, um anschließend vierzig Stufen zu erklimmen. Die Zahl 40 besitzt im Islam viele Bedeutungen.

Oben angekommen steht man in einer schmalen Gasse, die auf beiden Seiten von noch prächtigeren, endlos hoch erscheinenden Mausoleen gesäumt ist.

Dann öffnet sich ein großer Platz, um den herum sich weitere Mausoleen reihen. Auf dem Platz befinden sich kleine Gräber mit Grabsteinen aus Marmor.

An dieser Stelle muss ich einfügen, dass die antiken Bauten Samarkands mit den Jahrhunderten verfallen sind. Erst in den letzten 20 bis 25 Jahren restaurierte man sie mit einem gigantischen Aufwand.

Im ersten Beitrag „Anreise“ hatte ich erwähnt, dass wir diese Reise schon einmal vor vierzig Jahren machen wollten. Das hat damals nicht geklappt. Nun haben wir endlich die Antwort, warum nicht. Vor vierzig Jahren hätten wir nur verfallene Ruinen bewundern können.

Der Ursprung des Komplexes stammt der Überlieferung zufolge aus dem Jahre 676, als der Cousin des Propheten Mohammed den Märtyrertod starb. Man beerdigte ihn in der Nähe der südlichen Mauern Aforsiabs.
Seitdem versuchten viele Menschen sich in seiner Nähe bestatten zu lassen. Damals waren es noch Holzbauten. Erst im 14. Jahrhundert errichtete die Temuriden-Dynastie die ersten steinernen, mit Majolikas und Verblendkeramiken verzierten Mausoleen. Am Ende waren es vierzig Mausoleen. Wieder aufgebaut hat man in der Neuzeit elf von ihnen. Von manchen sind die Grundmauern erhalten, manchmal zeugt nur eine Lücke davon, dass dort einmal ein Mausoleum stand. Gewaltig und wunderschön ist der Komplex dennoch, und ein Wallfahrtsort.

Die meisten rekonstruierten Mausoleen sind auch von innen zu bestaunen. Jedes wurde individuell gestaltet.

In den Boden des großen Platzes sind quadratische Marmorplatten mit Löchern eingelassen. Durch diese Löcher floss das Regenwasser in eine unterirdische Zisterne, wo es gesammelt wurde.

Vor dem Eingangsportal des Shakhi-Zinda-Komplexes wurden etwas abseits die Überreste eines antiken Hammam ausgegraben.

Nach diesem Besuch spazierten wir zur nächsten, der vierten Sehenswürdigkeit Samarkands. Der Weg führte uns dabei nach links vom Portal weg, vorbei an den Ruinen der antiken Stadt Afrosiab, hin zum Grabmal des ersten Präsidenten der Republik Usbekistans, und der Chidr-Moschee.
Langsam steigen die Temperaturen und es wird echt warm.

Gelände des antiken Afrosiab

Die Chidr-Moschee ist dem islamischen Heiligen al-Chidr gewidmet. Sie stammt vermutlich aus dem 7. Jahrhundert, wurde aber erst im 16. Jahrhundert schriftlich erwähnt. An der gleichen Stelle befand sich zu Zeiten des alten Afrosiab ein wichtiges Stadttor.

Die Chidr-Moschee gewann vor allem 2016 an Bedeutung, als sich der erste Staatspräsident Usbekistans Islom Karimow hier begraben ließ. Er ließ sich auf dem Gelände der Moschee ein kleines Mausoleum bauen.

Von der Terrasse aus bietet sich ein herrlicher Blick hinunter zum neuen Samarkand mit der Bibi-Khanum-Moschee, dem Bibi-Khanum-Mausoleum und zum Siyob-Basar.

Vor dem Besuch des Basars besichtigten wir die Bibi-Khanum-Moschee (1399-1404), im 15. Jahrhundert eine der größten und mächtigsten Moscheen der islamischen Welt. Heute ist sie die größte Moschee Zentralasiens. Wie alle historischen Bauten in Samarkand verfiel auch sie, bis sie inzwischen rekonstruiert wurde und heute die bedeutendste Sehenswürdigkeit Samarkands ist. Hier stoßen wir wieder auf Amir Temur, der den Bau der Moschee in Auftrag gab, um seine Frau Saray Mulk Khanum (Bibi Khanum) zu ehren. Die Vollendung erlebte er jedoch nicht mehr mit.

Man betritt die Moschee durch ein riesiges Eingangsportal, etwa vierzig Meter hoch. Dann steht man im Innenhof. An den anderen drei Seiten erheben sich Kuppelbauten. Ursprünglich standen entlang der gesamten Außenmauer Gebäude, die jedoch nicht rekonstruiert wurden. Nur die Postamente der Säulen, die die Räume trugen, sind erhalten.

Wie die Anlage ursprünglich wohl ausgesehen hat zeigen Bilder in einer Ausstellung. Daneben zeigen Fotografien die Ruinen vor dem Wiederaufbau. Daran kann man ermessen, welch eine Pracht diese Moschee früher zeigte und welch ein riesiger Aufwand betrieben werden musste, um sie wieder aufzubauen. Da kann man nur den Hut ziehen.

Im Innenhof ist noch der originale steinerne und verzierte Koranständer zu sehen, welchen Timur aufstellen ließ. In dieser Moschee sollten die Freitagsgebete für die Einwohner Samarkands stattfinden.

Amir Temur selbst wurde in einem Mausoleum „Gori Amir“ begraben, welches 1403/04 erbaut wurde. Es nimmt nicht viel Grundfläche ein, beeindruckt aber trotzdem durch seine zwei hohen Minarette und die riesige gerippte Kuppel über der Grabkammer. Neben Amir Temur selbst haben weitere Mitglieder seiner Familie hier ihre letzte Ruhe gefunden.

Wir besuchten das Mausoleum auch abends im Dunklen. Dadurch strahlte es etwas Mystisches aus und wirkte ganz anders als bei Tage. Wie in anderen Sehenswürdigkeiten Samarkands sind auch hier ein Modell des ursprünglichen Baues, ein Bildnis Temurs und Fotos der Ruinen der Anlage ausgestellt.

Das war jetzt sehr viel Kultur, und Zeit für eine Pause. Es war sehr warm und der Basar bietet Schatten. Unser Reiseleiter gab es uns genug Zeit damit wir den Markt erkunden konnten. Vorher gab er uns ein paar Preise an die Hand, damit wir Richtwerte hatten, falls wir etwas kaufen wollten. Dann ging jeder seiner Wege. Stände mit Gewürzen, Trockenfrüchten, Obst, Gemüse, Fleisch, alles was das Herz begehrt gibt es auf dem Basar zu kaufen. Da wir nun im Besitz eines Plov-Rezeptes waren mussten wir uns die passenden Gewürze besorgen. Die gab es einzeln oder gleich als Gewürzmischung. Irgendwann müssen wir dann das Rezept zu Hause nachkochen.

In weiteren Teilen des überdachten Basars werden Haushaltswaren, Bekleidung und andere lebenswichtige Dinge verkauft.

Auf Grund der Wärme und der langen Fußwege, die wir inzwischen bewältigt hatten, brauchten wir jetzt eine längere Pause und ein Eis zum Abkühlen.

Eine Sehenswürdigkeit in Samarkand blieb noch übrig, der Registan-Platz (Sandplatz). Der Registan-Platz war ein Versammlungsort, an dem alle wichtigen Ereignisse der Stadt stattfanden, bis hin zu Paraden und Hinrichtungen. Er wird von drei Medressen (Koranschulen, islamische Hochschule) gesäumt. Es ist ein historisch bedeutendes und herausragend architektonisches Ensemble, welches aus dem 15.-17. Jahrhundert stammt.

Die drei Medressen sind im Westen die Ulughbeg-Medresse, im Osten die Scherdor-Medresse (Löwen-Medresse) und im Norden die Tillakori-Medresse, die jedoch zumeist als Moschee diente und heute das Museum für Geschichte beherbergt.

Die Ulughbeg-Medresse war das erste Bauwerk am Platz, welches von dem großen Wissenschaftler Mirzo Ulugh Beg, der uns schon beim Observatorium begegnet war, persönlich in Auftrag gegeben wurde. Der Bau dauerte von 1417 bis 1420. Hier studierten nicht nur Leute aus Mittelasien, sondern sie kamen ebenso von weit her aus anderen Ländern und Regionen.

Um die Innenhöfe, in den ehemaligen Wohnräumen der Schüler, sind zum Teil Souvenirläden untergebracht, wird aber auch traditionelles Handwerk gezeigt und verkauft. Wir sahen uns die Arbeiten eines Mosaikherstellers an. Dabei bekamen wir erst eine Vorstellung von dem Aufwand, den die Herstellung der Mosaiken bedeutet. Da steckt unvorstellbar viel Arbeit drin. Wenn man sich dann noch vor Augen führt, wie viele Mosaiken sich an den rekonstruierten Bauwerken Samarkands befinden, dann fragt man sich, wie die Leute das in 20 bis 25 Jahren alles geschafft haben.

Am Abend so gegen 21 Uhr fanden wir uns erneut am Registan-Platz ein, um einer Lasershow zu folgen.
Dabei wird die komplette Geschichte Samarkands aufgezeichnet, von den ersten Besiedelungen, den drei großen Eroberungen durch Alexander den Großen (329 v.Chr.), die Araber im 8. Jahrhundert und Dschingis Khan im 13. Jahrhundert. Alle hinterließen sie Tod und Zerstörung. Nach den jeweiligen Befreiungen übernahmen die Samarkander jedoch auch kulturelle Dinge der Eroberer, wie verschiedene Handwerke oder den Islam der Araber.

Im 14./15. Jahrhundert baute Amir Temur Samarkand wieder auf. Er war nicht nur ein Temuriden-Fürst, sondern auch ein Feldherr. Von seinen Feldzügen brachte er viele Wissenschaftler mit, die Samarkand in eine neue Blütezeit führten.

Nach dem Niedergang der Temuriden-Dynastie folgten Jahrhunderte der Stille und des Verfalls Samarkands, die Verlegung der Handelswege und Erdbeben taten ihr Übriges.

Ende des 19. Jahrhunderts übernahmen die Russen die Regierung und sicherten die ersten Ruinen, aber erst Ende des 20. Jahrhunderts begann die usbekische Regierung mit den ersten Restaurierungen der historischen Bauwerke.

Das alles hat man in eine gigantische Lasershow gepackt, die einfach nur mitreißt und die Zuschauer mit in die Geschichte Samarkands hineinsaugt. Dazu wird die Geschichte in mystischer Weise erzählt, wahrscheinlich auf usbekisch, ein unglaubliches Erlebnis. Das war ein würdiger Abschluss unseres zweitägigen Samarkand-Aufenthaltes.

Leider sind die Bilder nicht scharf, denn sie waren während der Aufführung ständig in Bewegung. Trotzdem möchte ich sie hier zeigen, damit ihr eine Vorstellung bekommt.

Zwei Nächte verbrachten wir in Samarkand im Konstantin-Hotel. Das erste Abendessen nahmen wir im Touristen-Restaurant „ISTIQLOL“ ein. Der Bau besitzt mehrere Gästeräume, in denen man ausgezeichnet landestypisch essen kann. Direkt nach dem Essen startete die Disco mit ohrenbetäubend lauter Musik, so dass einige unserer Reisegruppe nach draußen flüchten mussten, um Ohrenschäden zu vermeiden.

Zum zweiten Abendessen in Samarkand fuhren wir zu einem kleinen Gästehaus, in dem man uns hausgemachten Plov, das usbekische Nationalgericht, anbot, neben jeder Menge anderer leckerer Speisen. Die usbekischen Tafeln sind immer reich gedeckt. Die Speisen werden auf wunderschön dekorierten Services angeboten. Da macht schon das Hinsehen Appetit.

Vor dem Essen zeigte uns eine Dame, wie man den Plov vorbereitet. Dazu gehören neben Rindfleisch auch Reise, Gemüse und viele Gewürze.

Wenn alles vorbereitet ist, gibt man die Zutaten in eine Riesenpfanne, unter der ein Feuer brennt. Zuerst das Fleisch und Gemüse, später der Reis. Das Ganze muss dann eine ganze Weile gar ziehen. Dabei dürfen Fleisch und Gemüse nicht mit dem Reis, der die oberste Schicht bildet, vermischt werden. Das Ergebnis ist super lecker.

Nachdem wir gegessen hatten, führte uns die Familie des Hauses etwas Folklore vor – verschiedene Tänze, Musik und ein Hochzeitsritual, bei dem das Brautpaar ein Paar unserer Reisegruppe war. Wir hatten alle viel Spaß dabei.

Samarkand, UNESCO-Weltkulturerbe, nennt sich zurecht „die Perle des Orients“.

Von Taschkent nach Samarkand

Dreihundertundacht Kilometer Busfahrt liegen zwischen den zwei Städten. Auf der langen Fahrt erfuhren wir wieder etwas über das Land Usbekistan. Man nennt es auch die „Schweiz Mittelasiens“. Es ist das am weitesten entwickelte Land Mittelasiens, besitzt jede Menge Öl und Gas, hat einen großen Anteil Landwirtschaft und kann mit vielen Sehenswürdigkeiten aufwarten. Vor allem ist es politisch neutral. Usbekistan pflegt mit allen umliegenden Staaten einen friedlichen Umgang. Dies ist auch lebensnotwendig, denn das Land ist abhängig von Ex- und Importen, um seine Wirtschaft am Laufen zu halten.

Wir fuhren jetzt auf der alten Seidenstraße, die Taschkent und Samarkand verband. Das Land ist meistens flach. Nur hinter Jizzax überquerten wir einen kleinen Gebirgszug.

Die Fahrt führte uns durch mehrere Oblaste (Kreise), wie den Oblast Sardoba. Noch aus russischer Zeit stammen die großen „Kunstwerke“, die den nächsten Oblast anzeigen. Diese fanden wir schon vor vierzig Jahren toll, als wir in Russland an der Erdgastrasse arbeiteten. Das Gleiche gilt auch für die Provinzgrenzen, wie die von Jizzax.

Was uns neu war ist, dass es bis 2016 neben den Landesgrenzen auch an den Oblastgrenzen Kontrollen gab. Die Gebäude stehen heute noch, Kontrollen gibt es jedoch keine mehr. Man kann sie ungehindert passieren.

An einem langen Straßenabschnitt haben Störche ihre Nester in die Strommasten gebaut und brüten schon dort. Auf fast jedem Strommast befinden sich mehrere Storchennester. Das war schön anzusehen.

Wir kamen an Bewässerungskanälen vorbei, an kleinen Oasen, neuen Moscheen und an einem entstehenden Neubaugebiet.

Die Fahrt war also ziemlich abwechslungsreich, bis wir in Samarkand einfuhren.

Taschkent

Unsere Busrundreise führte uns bereits durch Teile von Kirgistan und Kasachstan. Nun befinden wir uns in Usbekistan und es wartet der schönste Teil der Reise. Es ist der Teil, den man auch am ehesten mit der alten Seidenstraße in Verbindung bringt.

Usbekistan heißt in der Landessprache O´sbekiston. Die Währung nennt sich SOM. In Kirgistan heißt sie SUM. Wie kann man das auseinanderhalten? Unser Reiseleiter half uns mit einer Eselsbrücke. O´sbekiston = SOM, einfach an das O halten. Das ist leicht. Die Umrechnung in Euro ist auch wieder einfacher. Die Kurse liegen in Kirgistan 1€ = 15 SUM, in Kasachstan 1€ = 600 Tenge und in Usbekistan 1€ = 100 SOM.

Usbekistan hat von den fünf zentralasiatischen Ländern mit Abstand die meisten Einwohner. Vier Millionen leben in Taschkent, der Hauptstadt des Landes. Sie ist somit auch die größte Stadt Zentralasiens mit einer Ausdehnung von 45 Kilometern. Da braucht man Stunden um von einem Ende zum anderen zu gelangen. Taschkent ist 22oo Jahre alt.

einer der Bahnhöfe in Taschkent – sehr modern

Und noch eine Besonderheit gibt es seit ein paar Jahren: in Mittelasien wird kyrillisch geschrieben. In Usbekistan jedoch stellt man gerade auf die lateinische Schrift um. Das, was man in kyrillisch ausspricht wird einfach in lateinisch dargestellt – gewöhnungsbedürftig. Vor allem die älteren Leute haben da so ihre Schwierigkeiten, was den Umstellungsprozess weit hinauszögern dürfte.

In Taschkent, auf usbekisch Toschkent, fahren zu 80 Prozent Methangasautos, viele E-Autos und ein paar Propangasautos. Der Straßenverkehr ist also sehr umweltfreundlich. Kein Wunder, denn auch in Usbekistan ist viel Gas vorhanden. Fast alle Tankstellen tragen die Aufschriften „Methan“ oder „Propan“, oder beides zusammen.

Am meisten werden Chevrolets und chinesische Autos gefahren. Der Mittelstand setzt auf japanische Autos, und die Reichen ziehen Mercedes, Lexus oder Maybach vor.

Wie in den beiden anderen Ländern, die wir vorher besucht haben, setzt sich die Architektur auch in Taschkent aus Stalinbauten (2 bis 3-geschossig im neoklassizistischen Stil), sozialistischen Bauten (Protz) und modernen Bauten zusammen. Schon die alten Bauten waren erdbebensicher gebaut, was im Laufe der Zeit mehrfach bewiesen wurde. Heute baut man zwar auch noch erdbebensicher, aber auch in Usbekistan wird an allen Ecken und Enden gespart. Unser Reiseleiter versicherte mehrmals, dass er nur in einem alten Gebäude wohnen wird, auf keinen Fall in einem der Neuen.

Zudem besitzt Taschkent als einzige Stadt in Mittelasien eine U-Bahn.

Untergebracht waren wir in Taschkent im Unique-Hotel. In diesem Hotel hatten wir ein sehr schönes großes, modern ausgestattetes Eckzimmer mit mehreren Fenstern und einem großen Balkon mit weiter Aussicht. Da fühlt man sich doch wohl.

Die Stadtrundfahrt in Taschkent führte uns zuerst zur Barak-Chan-Medresse. Eine Medresse (türkisch: Medrese) ist, oder war, eine Koranschule. Der heutige Barak-Chan-Komplex bestand im 15. Jahrhundert zuerst aus einem Mausoleum. 1530 baute man ein zweites Mausoleum für den Herrscher von Taschkent daneben. Im 16. Jahrhundert wurde der Komplex zu einer Medresse umgebaut. Barak Chan ist der Beiname des damaligen Herrschers von Taschkent.

Das Aussehen des Komplexes, der heute keine Funktion mehr als Koranschule hat, ist für Taschkent nicht typisch. Da hat man sich wohl an den prächtigen Bauwerken Samarkands und Bucharas orientiert.

Leider konnten wir das eindrucksvolle Portal nicht im Ganzen bewundern, denn nur ein paar Meter weiter steht ein hoher Zaun, der das komplette Gelände davor umschließt. Da sind wohl Restaurierungsarbeiten im Gange. Das Portal ist ein Ziegelbau, der mit blauen Fliesen, auf die bunte florale Muster aufgebracht sind, verziert ist.

Auf den beiden Eckbauten thronen zwei blaue Kuppeln. Dazu wird der Komplex seitlich von zwei hohen Minaretten, auch aus Ziegeln bestehend, flankiert.

Die eingeschossigen Räume der Medresse gruppieren sich um einen hinter dem Portal liegenden Innenhof. Der wurde mit vielen Holzelementen und Schnitzereien gestaltet.

Einen Flügel gestaltet man als Moschee um. Den riesigen Gebetsraum kann man, entsprechend gekleidet, besichtigen. Wer keine passende Kleidung hat, kann sich kostenlos Tücher ausleihen.
Die Gestaltung des Gebetsraumes ist in den Farben weiß, hellblau und Gold gehalten. Sie ist relativ schlicht, aber wunderschön.

In einem anderen Teil des Barak-Chan-Komplexes bietet ein Kunsthändler seine Waren an. Hier kann man schon ein erstes Souvenir kaufen, wenn man möchte.

Nach diesem interessanten Besuch besichtigten wir den Basar „Eski Yuva“, oder auch Chorsu-Basar. Die große Kuppel mit einer orientalisch gestalteten Dachhaut beherbergt den Lebensmittel-Basar. Hier gibt es von Gewürzen über fertige Salate, Trockenobst bis hin zu Fleisch und Käse alles, was das Herz begehrt. Gerade sind die Maulbeeren reif und werden in Mengen angeboten. Wir sind jedoch erst einmal auf Orientierungstour. Die Maulbeeren werden wir später probieren.

Im Außenbereich des Basars sind die Stände mit allem anderen, was nicht Lebensmittel sind, zu finden.

Unser Reiseleiter erklärte, was die Männer mit den Karren zu bedeuten haben, die überall scheinbar auf etwas warten. Ihnen kann man quasi einen Einkaufszettel geben und sie machen sich dann auf den Weg durch den Basar, um alles zu besorgen. Das ist praktisch für Leute, die schlecht laufen können oder einfach keine Zeit haben, sich selbst durch die Stände zu kämpfen. Wir finden das eine gute Einrichtung.

Ich hatte ja am Anfang des Beitrages geschrieben, das Taschkent die einzige U-Bahn in Mittelasien besitzt. Die sollten wir jetzt kennen lernen.

Gleich hinter den Chorsu-Basar liegt die U-Bahn-Station Chorsu, zu der wir zu Fuß gelangten. Von hier aus fuhren wir zwei Stationen zum Kreuzungspunkt der blauen und roten Linie, der Station Alischer Navoii, wo wir umstiegen. Diese U-Bahn-Station ist wunderschön, mit einem Kuppelgang und Fliesenbildern gestaltet.

Nach nur ein paar Minuten Wartezeit stiegen wir in die Bahn und fuhren mit der roten Linie eine Station weiter nach Mustakillik Maiidoni. In den U-Bahn-Stationen sind viele Leute unterwegs, aber alles läuft sehr entspannt und ruhig ab, was wir als sehr angenehm empfanden.
Auch diese Station ist schön gestaltet, mit einem Kuppelgang und schönen Leuchten.

Als wir den Ausgang erreichten, befanden wir uns in der Nähe des Unabhängigkeitsplatzes – Mustakillik Maiidoni auf usbekisch, wie die U-Bahn-Station. Das Eingangsportal mit der schönen Skulptur von drei sich in Bewegung befindlichen großen Vögeln, vielleicht Störche, steht hinter dem Ausgang der U-Bahn-Station. Das konnten wir nur von dort aus sehen.

Wir bewegten uns in die andere Richtung. Genau gegenüber ist der Amir Temur Platz, hinter dem Kashgar-Park zu finden. Direkt rechts neben der U-Bahn-Station steht der Palast „Zar Nikolaus“ in einem kleinen Park, ein wunderschöner alter Bau. Leider konnten wir ihn nur vom Zaun aus bewundern.

Im anschließenden Kashgar-Park, durch den wir nun liefen, beobachteten wir für uns eine neue Vogelart: afghanische Stare oder auch Hirtenstare. Sie sind etwas größer als unsere Stare, aber genauso lustig wie sie. Wir hätten sie ewig beobachten können, aber wir setzten unseren Weg fort.

Mehrere kleine orientalisch anmutende Pavillons dienen z.B. als Souvenirshop. Auch ein paar Cafés gibt es.

Irgendwann bogen wir dann nach rechts ab und spazierten am Einkaufszentrum Sarafshon und an der Usbekisch-Russischen Akademie für dramatisches Theater vorbei zum Florya-Café, wo wir endlich eine Pause einlegten und uns abkühlen konnten. Langsam steigen die Temperaturen an. Es sind fast 30 Grad.

Wir nahmen im Außenbereich Platz und bestellten Eis und Kaffee. Während wir so sitzen, hören wir „Staren-Geschnatter“. Oben auf der Vordachkante sitzen zwei Hirtenstare, aber mit einem wunderschönen grünen Bauch. Sie faszinierten und unterhielten uns. Es blieben die einzigen zwei Stare dieser Art, die wir auf der ganzen Tour sahen. Die anderen besaßen keine grünen Bauchfedern.

Nach dieser Pause spazierten wir zum Navoii Theater. Es ist das Nationaltheater Taschkents. Das Gebäude ist relativ neu und nach dem timuridischen Dichter Alischer Nawoii benannt. Er gilt heute als usbekischer Nationaldichter und lebte im 15. Jahrhundert. Innen soll es sehr prächtig sein. Wir konnten es nur von außen sehen.
Auf dem Vorplatz zieht ein großer Brunnen die Blicke auf sich.

Von hier holte uns der Bus ab und brachte uns nun zum Gelände der Deutschen Botschaft am Kanal Ankhor, bzw. dem romantischen Altarm davon. Das parkähnliche Gelände sorgt für etwas Abkühlung, im Wasser baden die Leute.

Zuvor besichtigten wir das Denkmal für die Opfer des Erdbebens von Taschkent 1966. Durch dieses schwere Erdbeben am 26. April 1966 wurde die Neustadt der Stadt Taschkent zerstört. Danach beschloss man, nach einigem Hin und Her, die Stadt modern wieder aufzubauen. Da der Wohnungsbau schnell gehen musste, stellte man vielerorts die sozialistischen Einheitsbauten hin.
Die Erdbebenkatastrophe war auch der Auslöser für den Bau der U-Bahn. Ohne Erdbeben keine U-Bahn in Taschkent.

Jetzt sammelte uns der Bus wieder auf und brachte uns ins Hotel zurück. Dabei fuhren wir am Freizeitpark Navros vorbei, sehr offen und einladend gestaltet.

Für das usbekische Abendessen mussten wir noch einmal das Hotel verlassen. Ganz in der Nähe ist der Piramit-Tower, ein Multifunktionsgebäude, zu sehen. Wenn es dunkel ist, wird er von einem LED-Netz umspannt, welches ständig die Farbe wechselt, ein Hingucker. Ihn sehen wir auch vom Unique-Hotel aus. Es ist so etwas wie das Wahrzeichen Taschkents.

Unser Abendessen nahmen wir im Bavaria Plaza ein. Unweit davon beeindruckt ein orientalischer Prachtbau, das „Tabassum Restaurant“, vor allem abends. Er dient offensichtlich öffentlichen Zwecken. Bei unserer Anwesenheit feierte man gerade eine riesige Hochzeit. Durch die große geöffnete Tür konnten wir auch einen Blick in das sehr prächtige Innere werfen. Das sieht alles sehr teuer aus.

Das war wieder ein sehr langer Tag mit unglaublich vielen Erlebnissen.

Kaplanbek

Bisher lief alles relativ ruhig und entspannt ab. Was uns jedoch am Grenzübergang in Kaplanbek erwartete, ist als „unhaltbar“ zu bezeichnen. Zuerst setzte uns der Bus einen halben Kilometer vor der Grenze ab. Mit Sack und Pack stolperten wir auf einen ziemlich löchrigen und holprigen Fußweg voller Menschen bis zum Gebäude des kasachischen Zolls. Dort wurden wir aufgehalten. Die ankommenden Leute ließ man nur schubweise ein, denn irgendwie funktionierten wohl die Zollcomputer nicht recht.

Während wir so warteten und „Schlange“ standen, drängelten sich immer wieder Leute an uns vorbei und wollten vor uns rein. Hin und wieder sorgten Ordnungskräfte für Ordnung, was aber nicht viel half.

Als wir dann eingelassen wurden standen wir in mehreren Schlangen vor den Schaltern der Passkontrolle. Ganze zwei Schalter hatten geöffnet, bis sich dann doch jemand erbarmte, einen weiteren Schalter zu öffnen.

Nach dieser Kontrolle mussten wir zum Gebäude des usbekischen Zolls. Dazwischen liegt wieder ein halber Kilometer. Was wir bisher erlebten, war noch gar nichts gegen das, was uns hier erwartete. Wir haben in den letzten vierzig Jahren, die wir verreisen, so etwas noch nicht erlebt.

Entgegen den bisherigen Passkontrollschaltern, die alle nebeneinander liegen, befindet sich in der usbekischen Passkontrolle an der rechten Wand eine lange Theke, hinter der mehrere Zollbeamte sitzen. Die Grenzgänger stehen zwar in Schlangen an, an denen sich jedoch immer wieder Leute vorbei drängeln, um schneller durch die Kontrolle zu kommen.

Klaus suchte sich eine Schlange weiter hinten aus und war bald durch. Ich hatte auch überlegt mich weiter hinten anzustellen, entschied mich aber für die erste Reihe. Schon hatte ich mehrere Leute um mich, die sich vor mich kleines Persönchen drängeln wollten. Das ging eine ganze Weile so, bis mich ein Mann mit Gewalt beiseite schob. Da hatte ich genug und meinte nur, das es eine schöne Gastfreundschaft wäre, wenn man Touristen so behandelt. Ich sagte das zwar auf deutsch, aber der drängelnde Mann sah mich groß an und stellte sich hinter mich. Das hatte er wohl verstanden.

Nach einer gefühlten Ewigkeit stand ich endlich an der Theke und dachte, dass ich jetzt an der Reihe wäre. Weit gefehlt, denn der Beamte packte seine Sachen, zog sich an und machte einem Beamten Platz, der den Schalter übernehmen sollte. Das tat er im Zeitlupentempo, extra demonstrativ.

Als dann der neue Beamte seinen Dienst antrat, fragte er, wer der Nächste sei. Sein Vorgänger hielt es nicht für nötig, ihm zu sagen, dass ich das bin. So streckten sich ihm drei Pässe entgegen. Er wollte schon nach den Pass meiner Nachbarin greifen, die sich vehement neben mich gedrängelt hatte. Doch da meldete sich unverhofft der Mann hinter mir und meinte, dass ich jetzt an der Reihe wäre, wofür ich mich bei ihm bedankte.

Jetzt hatte ich zwar den Stempel im Pass, aber ich kam nicht mehr aus dem Pulk heraus. Mit vollem Körpereinsatz, Ellenbogen, meinem Trolley vorweg und ständigem „Entschuldigung“ (auf russisch) rufend, kämpfte ich mich durch die Menschentraube, die keinen Millimeter zurückweichen wollte.

Vollkommen entnervt hatte ich es irgendwann geschafft und kam zum ersten Kontrolleur, der den Stempel sehen wollte. Der guckte in meinen Pass und meinte dann, der Stempel ist nicht leserlich. Ich müsste zurück, mir einen neuen holen. Nach dem kräftezehrenden Erlebnis da drinnen? Nie im Leben gehe ich dorthin zurück. Der Verzweiflung nahe blieb ich einfach stehen und bedeutete ihm, dass ich mir das nicht noch einmal antue. Nach einer Weile akzeptierte er meinen Stempel und ließ mich durch.

Der zweite Kontrolleur stutzte zwar, ließ mich aber ebenfalls durch. Den dritten störte es nicht mehr und nach weiteren hundert Metern war ich in Usbekistan, wo die meisten Mitreisenden schon warteten. Es dauerte noch eine ganze Weile bis wir vollzählig waren und zum Busparkplatz gingen, immer noch mit Sack und Pack. Die ganze Grenzsache hat über eine Stunde gedauert. Es war spät und wir waren müde, aber von einem Bus nichts zu sehen. Eine Weile später hieß es, er steht im Stau. Es verging fast eine weitere Stunde, bis er endlich kam und wir nach Taschkent aufbrachen.

Es war ein langer Tag, von 6.30 Uhr bis 22 Uhr, als wir im Hotel ankamen.

Schymkent

Die Busrundreise wird von Almaty nach Schymkent durch einen Flug ersetzt. Immer mit den Nordausläufern des Tian Shan-Gebirges im Blick verging die Zeit wie „im Fluge“ und schon sehr bald landeten wir in Schymkent.

Flughafen Schymkent

Die 3.größte Stadt Kasachstans liegt am Fuße des Ugomgebirges, im mittleren Süden des Landes. Sie wurde wahrscheinlich im 12. Jahrhundert als Karavanserei an der Seidenstraße gegründet. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte fiel die Stadt mehrfacher Zerstörungen anheim. Im frühen 19. Jahrhundert wurde Schymkent zu einem Kanat (Staatsgebilde der türkischen und mongolischen Stämme) und vom regierenden Khan als Festung ausgebaut, die im Laufe der Zeit eine wichtige militärische Rolle spielte.

Die Festung (Zitadelle) liegt mitten im heutigen Schymkent, auf einem Hügel. Archäologische Funde zeigen, dass der Hügel schon im 2. Jahrhundert v.Chr. besiedelt war.

Nach der Übernahme durch die Russen verfiel die Zitadelle ein weiteres Mal. Sie waren nicht daran interessiert, denn sie bauten das neue Schymkent einige Kilometer entfernt auf. Erst 2018 begann der Wiederaufbau der Festungsmauern mit dem Wachgebäude sowie der inneren Gebäude, wie Lager und Krankenstation. Wesentlich ältere Grundmauern wurden gesichert. 2020 machte man den ersten Teil der Öffentlichkeit zugänglich.

Am Tor der Zitadelle prangt das Wort „Shymqala“, im arabischen Stil verziert.

Einige Kriegerskulpturen aus Bronze schützen die weiteren Eingänge.

Im Museum werden archäologische Artefakte aus vielen Jahrhunderten ausgestellt, sind Szenen aus dem Leben an der Seidenstraße nachgebildet und ein Stück steinerne Wasserleitung konserviert. Die Bücher aus dem Mittelalter, in arabischer Schrift, sind fast genauso schön gestaltet wie die europäischen Bücher aus der gleichen Zeit.

Vom Vorplatz des Museums aus hat man einen herrlichen Rundumblick über Schymkent, bis hin zum Ugomgebirge.

Gleich nebenan befindet sich der Unabhängigkeitspark mit dem hoch aufragenden und beeindruckenden Unabhängigkeits-Denkmal.

Das nächste Ziel der Stadtbesichtigung in Schymkent war der Abaii-Park. Der große Park im Herzen der Stadt ist dem Poeten und Philosophen Abai Kunanbayev aus dem 19. Jahrhundert gewidmet. Ihm zu Ehren hat man in sowjetischer Manier eine riesige sitzende Statue von ihm aufgestellt.

Daneben gibt es an mehreren Stellen Stätten zum Gedenken an die Opfer der beiden Weltkriege, wie das Fliegerdenkmal für die Gefallen des 2. Weltkrieges.

Von diesem Fliegerdenkmal zu einem weiteren Denkmal teilt eine Allee den Park, die rechts und links von braunen Marmorwänden gesäumt ist, in die mehr als einhunderttausend Namen der Gefallenen in goldener Schrift gemeißelt sind. Die gefallenen Kommandeure und Generäle, mit der Auszeichnung „Helden der Sowjetunion“ werden in einem separaten Teil gewürdigt.

Das Mittagessen nahmen wir im Grand Praga-Hotel ein. Das Ambiente des Restaurants ist amerikanisch-englisch, das Essen lecker und kasachisch.

Nun verabschiedeten wir uns von Schymkent und fuhren mit einem neuen Bus und einem anderen Reiseleiter zur Grenze nach Usbekistan, in Kaplanbek. Kasachstan zeigt sich hier flach und wüstenartig.

Almaty (Alma-Ata)

Nach einem kurzen Aufenthalt in Kirgistan führte uns die Busrundreise nun weiter nach Almaty in Kasachstan. Kasachstan ist sieben Mal so groß wie Deutschland, hat aber nur 20 Millionen Einwohner. Da gibt es eine Menge Platz. Während Kirgistan zu 80 Prozent aus Bergen besteht, ist Kasachstan fast überall flach. Das Land wird zu einem großen Teil von Wüsten und Halbwüsten geprägt. Es ist reich an Erdgas- und Ölvorkommen. Der Spritpreis ist der niedrigste in ganz Zentralasien und liegt bei ca. 60 Cent/Liter. Einige Kirgisen kaufen daher Sprit in Kasachstan und verkaufen ihn zuhause in Kanistern am Straßenrand mit knapp 20 Cent Aufpreis.

Almaty, bis 1993 Alma-Ata genannt, ist die größte Stadt Kasachstans. Sie war bis 1997 die Hauptstadt Kasachstans, bis der Status an die Stadt Astana in Norden des Landes fiel, die heute die zweitgrößte Stadt Kasachstans ist. Almaty blieb jedoch Handels- und Kulturzentrum.

Von Bischkek aus fuhren wir in Richtung Norden, zum Grenzübergang Korday, am Fluss Tschui. Dort mussten wir mit Sack und Pack den Bus verlassen und zu Fuß durch die Grenzkontrollen gehen. Busse und Fahrzeuge werden gesondert kontrolliert.
Neben den normalen Grenzgängern sind da einige Händler mit riesigen Paketen unterwegs. Das sind Waren, die aus China kommen und in Kasachstan verkauft werden.

Nach der Grenzkontrolle warteten wir fast zwei Stunden auf unseren Bus. Die Temperatur stieg auf fast 30°C bei blauem Himmel. Die schneebedeckten Berge des Tian Shan-Gebirges konnten wir das erste Mal richtig schön sehen.

Endlich kam der Bus, lud uns ein und wir setzten unsere Fahrt nach Almaty fort, bis wir auf die Autobahn A-2 stießen. Diese Autobahn, die von Schymkent im Süden Kasachstans bis nach Almaty führt, wurde vor Kurzem mit deutscher Hilfe gebaut und steht kurz vor ihrer Vollendung. Einige wenige Windräder stehen in der Nähe der Autobahn, ebenfalls mit deutscher Hilfe errichtet.

Nach einer angenehmen Fahrt durch eine flache, recht grüne Landschaft, erreichten wir Almaty. Die Stadt schmiegt sich an die nördlichen Ausläufer des Tian Shan-Gebirges und ist sehr grün.

Alma-Ata bedeutet „wilde Äpfel“. Bevor sich die Stadt ausdehnte, zogen sich große Apfelplantagen am Fuße der Berge entlang und deren Hänge hinauf. Inzwischen sind die Apfelbäume verschwunden, aber überall in der Stadt sieht man Äpfel abgebildet.

Auf einem Teil des ehemaligen Apfelgeländes breiten sich heute der „Park des 1. Präsidenten“ und ein Golfplatz aus, an dem wir bei unserer Stadtrundfahrt nach der Ankunft in Almaty vorbeigekommen sind.

Der oberhalb gelegene „Grüne Berg“ ist Almatys Wintersportgebiet. Weiter ostwärts befindet sich eine große Schanze. Noch ein Stück weiter ist der Fernsehturm zu sehen. Das zieht sich alles am Fuße der Berge entlang, unterhalb schließt sich die Stadt an.

Vom „Park des 1. Präsidenten“ bogen wir auf die Al-Farabi Avenue ein, der wir am Südrand bis zum Ostrand der Stadt folgten. Rechter Hand das Wintersportgebiet mit dem Fernsehturm, links zumeist moderne Bauten.

An einem großen Dreieck bogen wir in die Tole Bi Street ab und fuhren an einer Art Freizeit- und Sportpark vorbei zum Hotel „Grand Sapphire“, in dem wir eincheckten. Das Hotel ist schon etwas in die Jahre gekommen. Man kann aber noch den ehemaligen Luxus des Hotels spüren.

Almaty zeigt sich offen mit einem Architekturmix von der Zarenzeit, über die Sowjetzeit bis hin zu sehr modernen Bauten. Vor allem das Geschäftsviertel der Stadt besteht aus Hochhäusern mit viel Glas.

Nach einer kleinen Ruhepause starteten wir zu einem Stadtrundgang. Nur zwei Straßen unterhalb des Hotels beginnt der Panfilov-Park, in dessen Mitte die Christi-Himmelfahrt-Kathedrale steht. Zuerst kamen wir aber zum Panfilov-Monument. Es ist ein durch seine Größe mehr als beeindruckendes Heldendenkmal für die Panfilov-Soldaten. General Iwan Panfilov ist Held der Sowjetunion und kämpfte im 1. und 2. Weltkrieg für die Verteidigung seines Landes.

Die komplette südöstliche Ecke des Parks ist den Kriegshelden Kasachstans gewidmet. Mehrere Denkmäler und die ewige Flamme bilden eine Einheit des Gedenkens. Sehr beeindruckend.

Ganz in der Nähe befindet sich das Militärhistorische Museum. Gleich nebenan, in einem zaristischen und prächtigen Holzgebäude, ist heute das Museum für Volksmusikinstrumente untergebracht.

Nun wandten wir uns der Kathedrale in der Parkmitte zu. Der Grundstein wurde 1903 gelegt und innerhalb von drei Jahren fertig gestellt. Geweiht wurde die Kirche 1907. Sie ist ein architektonisches Glanzstück, denn sie ist eines der höchsten Holzgebäude der Welt und mit 46 Metern die höchste hölzerne orthodoxe Kirche der Welt. Das ist noch nicht alles. Da Almaty in einem erdbebengefährdeten Gebiet liegt, musste sie erdbebensicher gebaut werden. Sehr schnell wurde diese Tatsache auf die Probe gestellt. Schon 1911 ereignete sich ein schweres Erdbeben. Die Kirche trug kleine, äußerliche Schäden davon, aber die spezielle Konstruktion hielt.

Inzwischen wurde sie überholt und strahlt wie neu. Als wir die Kathedrale zum ersten Mal sahen, waren wir der Meinung, dass es sich um einen Mauerwerksbau handelt. Das es Holz ist, ist nicht zu erkennen.

Im Inneren ist die Kathedrale, wie alle orthodoxen Kirchen, sehr prächtig ausgestaltet. Der riesige Hauptaltar und die vielen Nebenaltäre sind ganz vergoldet und mit Heiligenbildern verziert. Religiöse Gemälde im oberen Teil der Kathedrale, sowie buntes Fensterglas, weitere Malereien und Stuckarbeiten vervollständigen das Bild. Da kommt man aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Die Christi-Himmelfahrt-Kathedrale von Almaty muss man gesehen haben.

Nun spazierten wir weiter durch den Panfilov-Park zum „Grünen Basar“. In der alten Markthalle werden Lebensmittel aller Art verkauft, vom Honig über Käse, Obst und Gemüse, fertigen Salaten bis hin zum Pferdefleisch. Da findet jeder etwas.

An die Markthalle schließen sich die Läden mit Waren des täglichen Bedarfs, Kleidung und Souvenirs an. Es ist ein großes Gelände und man ist eine ganze Weile unterwegs, wenn man alles sehen will. Wir hatten eine Stunde Zeit uns umzusehen.

Langsam taten uns die Füße weh. So viel laufen waren wir nicht gewohnt. So spazierten wir zum Hotel zurück. Am Straßenrand stehen kleine Kastanienbäume mit roten Blütenständen. Die Wohnhäuser sind auch hier bunt gemischt: aus der Zarenzeit (2-3-geschossig, pastellfarben mit weißen Akzenten), aus der Sowjetzeit und ein paar moderne Bauten, die die Lücken schließen.

Nachdem wir uns im Hotel frisch gemacht und die Füße ausgeruht hatten, ging es schon wieder zum Abendbrot. In der Nähe des Panfilov-Parks, an der westlichen Seite, kehrten wir in ein Grillrestaurant ein, wo wir sehr gut speisten.
Es war ein langer Tag, der erst nach 22 Uhr endete.

Rückfahrt nach Bischkek

Am frühen Morgen im Jurtencamp, nach dem Aufstehen und dem Blick über den Yssykul, konnten wir halbwegs gut die schneebedeckten Gipfel des Tian Shan-Gebirges am gegenüberliegenden Ufer sehen. In halber Höhe zogen Wolkenbänder daran vorbei, so dass wir den unteren Bereich der Berge und deren Gipfel erkennen konnten. Das Ganze war in blaues Morgenlicht getaucht, wie wir es im Herbst am Gardasee erleben durften. Sehr schön.

Nach dem Frühstück packten wir unsere Koffer, verluden sie im Bus und fuhren zurück nach Bischkek. Die lange Fahrt über die Baustellenstraße nach Ottuk verkrafteten wir ausgeruht wesentlich besser als gestern Nachmittag, als wir schon fast den ganzen Tag unterwegs und kaum noch aufnahmefähig waren.
Wir bewunderten die Landschaft, die Ortschaften, die Felsformationen, den Yssykul und die Schafherden. Die Sonne kam langsam heraus.

Nach der guten halben Strecke in Richtung Ottuk kamen wir am Ort Kycyl Tuu vorbei. Während es früher viele Jurtenhersteller gab, sind es heute nur noch wenige. Einer davon ist der Jurtenhersteller in Kycyl Tuu. Im Felt House können die Besucher das Entstehen einer Jurte beobachten. Wir fuhren leider daran vorbei, konnten nur das Ortseingangsschild von der Straße aus sehen.

Auffallend sind die Friedhöfe entlang der Straße. Die Gräber stammen aus einer langen Zeitspanne, von uralt bis neu. Da es muslimische Gräber sind, dürfen sie nicht weggemacht werden. Die meisten von ihnen zerfallen irgendwann. Der Aushub für die Gräber wird nach der Bestattung wieder oben drauf geschichtet, verdichtet sich jedoch mit der Zeit wieder. Geschmückt wird das Grab, je nach Geldbeutel und Ansehen der Person, entweder schlicht oder prächtig. Auf vielen Gräbern stehen jurtenähnliche Gebilde, aber auch verschiedene Mausoleen. Die Gräber aus der Sowjetzeit sind meist gleich zu erkennen, heute stellt man einfach nur Stelen auf. Das ist schon sehr interessant.

Ebenso sehenswert sind die kleinen Moscheen der Dörfer, die meist von sehr schönen Kuppeln gekrönt werden.

Die Mittagspause legten wir wieder im Shibek-Sholu im Tschui-Tal ein. Diesmal aßen auch wir etwas am Selbstbedienungsbuffet, dazu tranken wir einen für diese Gegend typischen Sanddorntee. Sanddorntee im Gebirge, weit weg vom Meer? Das ist doch sehr überraschend für uns, aber lecker.

Das erste große Ziel der Rückfahrt war der Burana-Komplex südlich von Tokmok. Es ist ein archäologischer Park mit verschiedenen Bereichen.

Im 10. bis 12. Jahrhundert existierte der Karachanidenstaat im heutigen Mittelasien, also auch auf dem Gebiet Kirgistans. Er reichte von Fluss Ili im Osten bis zum Fluss Amudarja im Westen. Die Karachaniden-Dynastie entwickelte Landwirtschaft, Bergbau, Handwerk und Handel weiter und sorgte für die Verbreitung des Islam. Es entstanden neue Städte und Siedlungen. Die Siedlung Balasagyn (Burana) wurde zur Hauptstadt des Karachanidenreiches. Die Karachaniden waren ein turkstämmiges Volk. Heute ist die antike Siedlung Burana Weltkulturerbe. Außer dem Burana-Turm, Resten der doppelten Wehrmauer, ein paar Kellerräumen, kaum noch als solche zu erkennen, und archäologischen Ausgrabungsgegenständen ist jedoch nichts mehr erhalten.

Der Burana-Turm wurde in den 1920er Jahren unter Schutz gestellt und 1970 bis 1974 restauriert und konserviert. Er ist eines der ältesten Bauwerke Zentralasiens. Ursprünglich war der Turm wohl mehr als vierzig Meter hoch, aber Erdbeben haben den oberen Teil des Turms zerstört.

Auf dem Burana-Gelände stehen auch viele Grabsteine, die aus dem 14. bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhundert stammen. Teilweise sind arabische Inschriften eingraviert, teilweise auch Menschen oder Gesichter. Manche Steine wurden auch zu Skulpturen umgestaltet.

In einer traditionellen Jurte ist das archäologische Museum untergebracht. Hier sind verschiedene Gegenstände aus dem 10.-12. und 17.-20. Jahrhundert ausgestellt, wie verschiedene Steinwerkzeuge, Mühlsteine oder Alltagsgegenstände aus Holz und Metall. Teppiche und Decken mit traditionellen kirgisischen Mustern sind ebenfalls zu bewundern.

Außerhalb der Stadtmauer stehen die Reste der Mausoleen ehemaliger karachanidischer Herrscher aus dem 11. Jahrhundert. Die verbliebenen Grundmauern wurden 1975 rekonstruiert.

Nach dem Besuch Buranas, bei dem wir uns etwas die Beine vertreten konnten, fuhren wir zum nächsten Tagesziel: kirgisische Reitervorführungen. Auf dem Weg dorthin fuhren wir durch das Dorf „Rot Front“. Es wurde 1927 von mehreren Familien deutschsprachiger Russlandmennoniten gegründet. Sie kamen aus den kirgisisch-kasachischen Grenzgebiet. Da dort das Land knapp geworden war, mussten sie neue Siedlungsräume erschließen. Zuerst hieß das Dorf Bergtal, 1930 wurde es offiziell zu Rot Front umbenannt. Inzwischen leben wohl nur noch ca. 20 Prozent der Russlandmennoniten dort. Sie haben den Namen Bergtal beibehalten.

Leider kann ich nicht sagen, wo genau die Reitervorführung stattfand. Auf jeden Fall befanden wir uns in den Bergen südlich von Bischkek. Der Platz ist mit dem Schild „Saamal Tujuk“ bezeichnet. Es hatte gerade geregnet und der Boden war durchgeweicht. Unter einem Dach fanden wir Schutz.

Das traditionelle Reiterspiel, welches wir uns ansahen, wird mit jeweils drei Reitern in zwei Mannschaften ausgetragen. Dazu gibt es einen Schiedsrichter, der die kirgisische Fahne trägt. Gegenstand des Spieles ist ein Ziegenbalg, der mit Sand und Stroh gefüllt wird und dreißig Kilogramm wiegt. Das ist richtig schwer. Inzwischen, auf Grund der zahlreichen Vorführungen, hat man den Ziegenbalg durch ein Stück Leder und Seile ersetzt, die die Beine imitieren.

Ziel des Spiels ist es, den Balg in das kleine runde Tor zu bugsieren, welches durch ein Seil oder Reifen gekennzeichnet ist.

Der Schiedsrichter bringt den Balg ein Stück weg. Auf „Los“ reiten die Teilnehmer los. Der Schnellste greift sich den Balg und versucht nun, diesen in das Tor zu bringen. Die gegnerische Mannschaft versucht das natürlich zu verhindern oder selbst zum Zuge zu kommen.

Die ersten Durchgänge waren nur Geplänkel, aber beim letzten Kampf ging es richtig zur Sache. Keine der beiden Mannschaften konnte den Balg im Tor platzieren. Mensch und Pferd werden voll gefordert. Sogar die Pferde besitzen Kampfgeist und raufen mit. Mit der Zeit ließen bei allen Teilnehmern die Kräfte nach. Wie gesagt, der Balg wiegt 30 Kilogramm. Der Besitzer des Balgs klemmt ihn zwar zwischen Schenkel und Pferd, so dass er nicht das gesamte Gewicht halten muss, anstrengend ist es trotzdem.

Irgendwann schaffte es doch jemand, den Balg im Tor abzulegen. Bei Mensch und Pferd floss der Schweiß, alle waren fertig. Für uns war es ein Erlebnis. Zum Abschluss schoss unsere Reiseleiterin Uli noch ein Gruppenfoto vor dem Hintergrund der Berge.

Mit unseren dreckverschmierten Schuhen stiegen wir in den nagelneuen Bus, zum Leidwesen des Fahrers, und fuhren nun weiter durch eine grüne Berglandschaft. Auf der Passhöhe von 1200 Metern, ein Schild nennt den Platz „Tashtany Tashtabagyn“, stiegen wir noch einmal für den schönen Blick aus. Wir befanden uns schon ganz in der Nähe der oberen Stadt von Bischkek.

Nun kehrten wir bei einer kirgisischen Familie zum Abendessen ein. Die Tische waren reich mit Salaten, Rohkost und Brot als Vorspeisen gedeckt. Als Hauptgericht gab es geschmortes Rindfleisch mit Kohl und Kartoffeln. Zum Abschluss schenkte man Tee aus, den man mit der traditionellen Himbeermarmelade oder Honig verfeinern konnte. Gebäck und Süßigkeiten bildeten den Abschluss. Es schmeckte alles hervorragend. Es ging zwar etwas beengt zu, trotzdem hatten wir unseren Spaß.

Nach dem Abendessen kehrten wir in das Damas-Hotel in Bischkek zurück, welches wir gestern früh verlassen hatten. Wir bekamen sogar unser altes Zimmer wieder.

Fahrt Bischkek – Yssykkul

Nach einem frühen Frühstück (7 Uhr) startete die lange Fahrt zum Yssykkul-See, der im nordwestlichen Teil des Tian Shan-Gebirges liegt. Vielleicht bekommen wir auf dieser Fahrt die schneebedeckten Berge der 5000er-Kette zu sehen.

Zuerst fuhren wir eine lange Zeit direkt an der kirgisisch-kasachischen Grenze entlang. Wir befinden uns damit im Tschui-Gebiet. Entlang der Grenze fließt der Tschui-Fluss, dahinter erhebt sich eine Hügelkette. Weiter hinten verläuft eine Straße bis in Höhe Tokmok, aber die Gegend ist kaum besiedelt.

Hin und wieder gibt es einen Grenzübergang, einige nur für Fußgänger, zwei weitere auch für Fahrzeuge, wo die LKW´s Schlange stehen. Der Handel zwischen Kasachstan und dem nahe gelegenen China ist rege.

Hinter dem Ort Kemin biegt die Straße zusammen mit dem Fluss Tschui nach Süden ab. Langsam steigt die Straße an und die grün bewachsenen Berge rücken näher heran, bis sie eine Art Canyon bilden. In vielen Kurven windet sich die Straße dort hindurch. Langsam nimmt die Vegetation ab und die bunten Löß- und Gesteinsschichten werden sichtbar, aus denen die Berge bestehen. Zudem bilden sie immer wieder schöne, von Verwitterung gezeichnete Formationen.

Am Ende des Canyons kehrten wir für eine kurze Mittagspause ins Shibek-Sholu ein, eine von mehreren Raststätten entlang der Straße.

Von hier aus sind endlich die schneebedeckten Gipfel des Tian Shan-Gebirges zu sehen, grandios.

Da die Mittagspause nur kurz ist und die Landschaft so schön, holten wir uns nur ein Eis und stiegen die Treppe zum Aussichtspunkt hinauf. Von dort aus bietet sich ein noch schönerer Blick auf die Schneeberge.

Hinter der Hütte des Aussichtspunktes erheben sich Hügel aus bunten Gesteinsschichten. Die Farben reichen von weiß, über rot bis hin zu schwarz. In den USA werden solche Gebiete „Bad Lands“ bezeichnet. Sie sind zwar sehr schön, aber absolut nutzlos für Viehzucht oder Landwirtschaft. Wir waren begeistert. Im Tal fließt immer noch der Tschui-Fluss.

Wenn man Zeit in dieser Gegend verbringt, dann kann man durch mehrere abgelegene, einsame und wunderschöne Schluchten wandern. Wir hatten dafür leider keine Zeit.

Das nächste Ziel auf dieser Fahrt war die Ortotokoi-Talsperre. Dafür überquerten wir einen Pass, dessen höchster Punkt auf 2160 m ü.NN liegt.
Als sich die Berglandschaft der Passstraße wieder öffnete, lag die größte Talsperre Kirgistans mit ihrem türkisblauen Wasser vor uns. Inzwischen befinden wir uns im Yssykul-Gebiet, dem östlichsten Gebiet Kirgistans.

Nun folgten wir der Straße südlich des Stausees. Immer wieder bieten sich herrliche Aussichten. Die Landschaft hat Wüstencharakter angenommen, Bäume gibt es nur noch wenige.

Neben der Straße entsteht gerade eine neue Bahnlinie, die Bischkek mit dem westlichen Yssykul-Gebiet verbinden soll.

Unser Ziel am Yssykul war ein Jurten-Camp am Südufer des Sees. Unsere Reiseleiterin erzählte, dass das Nordufer des Sees touristisch voll erschlossen ist. Das heißt, Hotels, Vergnügungsparks und Strände, eben alles was dazu gehört, bestimmen heute des Bild des Yssykul.
Wir sollten dagegen den See in seinem ursprünglichen, unverbauten Zustand sehen.

Noch etwas zum Yssykul-See: es ist der größte See Zentralasiens und der zweitgrößte Gebirgssee der Erde. Er liegt auf 1700 Metern Höhe und hat eine Ausdehnung von ca. 180×60 Kilometern, bei einer Tiefe von knapp 700 Metern.
Übersetzt bedeutet Yssykul „Heißer See“, denn an dessen Grund befinden sich mehrere heiße Quellen. Zudem wird der See durch das Wasser von 86 Flüssen gespeist, aber kein Fluss fließt aus dem See.

Der Yssykul sorgt für ein mildes Klima im Winter, was dazu führt, dass er nie zufriert. Außerdem wächst hier viel Obst und Gemüse.
Leider ist die Luft so dunstig, dass uns der Anblick der Schneegipfel des Tian Shan-Gebirges am nördlichen Ufer verwehrt blieb.

Von nun an wurde die Fahrt ziemlich ungemütlich. Die Straße von Ottuk bis zum „Royal Gate Jurtencamp“, in der Mitte des südlichen Seeufers gelegen, befindet sich seit ganzen vier Jahren im Bau. Es ist zu neunzig Prozent eine Schotterpiste mit unzähligen Ausweichstellen, da offensichtlich zuerst die nötigen Brücken auf der gesamten Länge der Straße fertiggestellt werden. Das hieß für uns, zwei Stunden mehr Fahrzeit, wodurch sich die vorgesehene Freizeit im Jurtencamp in Luft auflöste. Uns blieb also keine Zeit für eine Wanderung zum Seeufer oder zum nahegelegenen „Skazka Canyon“, auf den ich mich schon gefreut hatte.

Gegen 17 Uhr kamen wir endlich im Camp an. Wir hatten gerade Zeit, die Koffer in die Jurten zu bringen, da wartete schon die erste Vorführung. Ein Kirgise stellte uns seinen Adler vor. Zusammen mit seinem Sohn zeigte er anschließend noch eine kurze Flugvorführung. Zu allem Unglück fing es gerade an zu regnen.

Durchgeweicht gingen wir dann in die Gemeinschaftshütte, in der auch gegessen wird. Hier zeigte uns eine Kirgisin, wie man aus Schafwolle Alltagsgegenstände filzt. Die Schafwolle wird gewaschen, gefärbt und gefilzt. Daraus werden Bilder, Decken, aber auch die dekorativen Jurtenverzierungen hergestellt. Dafür legt man Filzstücke in Lagen übereinander, befeuchtet sie und wickelt sie mit Hilfe von Grasmatten eng zusammen. So entweicht das Wasser wieder. Dann werden die Grasmatten aufgewickelt und das Filzstück trocknet weiter. Am Ende ist alles gut miteinander verwoben.

Das harte Gras wächst an vielen Stellen in der Umgebung.

Die traditionellen Jurtenverzierungen werden aus zwei verschiedenfarbigen Filzen hergestellt. Man legt sie übereinander und schneidet das gewünschte Muster hinein. Dann werden die beiden Muster miteinander kombiniert und vernäht. Sehr schön und sehr interessant.

Nach dem traditionellen kirgisischen Abendessen unterhielt uns eine einheimische Familie mit Musik und Gesang. Die Eltern spielten auf traditionellen Instrumenten. Die Kinder trugen einen Auszug aus dem berühmten Manas-Epos vor. Manas ist der kirgisische Volksheld, der im 9. Jahrhundert das Land der Kirgisen gegen verschiedenen Eindringlinge erfolgreich verteidigte. Seine Nachkommen setzten den Kampf fort. Davon erzählt das Manas-Epos in fast 500.000 Versen. Die Kinder Kirgistans lernen den Epos in der Schule, der in melodischem Redegesang, und in wahnwitziger Geschwindigkeit, vorgetragen wird. Da kann man den Kindern nur Respekt zollen.

Eine sitzende Statue von Manas thront auf einem Hügel nahe der Straße, die wir gekommen sind.

Nach dieser interessanten Vorstellung der einheimischen Volkskunst bezogen wir unsere Jurten. Die Jurte selbst ist Wohn- und Schlafraum. Da es keine Fenster gibt, ist es absolut dunkel darinnen, wenn man das Licht ausschaltet. Oberhalb des Tündük, von dem ich schon im Bericht Bischkek berichtet habe, lässt sich wohl ein Stück Filz mit Hilfe von Leinen, die im Inneren herunter hängen, bewegen. Leider hatten wir keine Ahnung, wie das funktioniert. Das es regnete, wollten wir nicht riskieren, nass zu werden, wenn wir die Luke nicht wieder hätten schließen können.

Bad und Dusche sind in einem Fertigtrakt untergebracht, die man wohl erst vor Kurzem an die Jurten angebaut hatte.

Die Nacht war sehr dunkel und sehr ruhig. Übrigens: Im Badezimmer stießen wir auf etwas für uns absolut Neues – Strech-Klopapier. Es fühlt sich wie Krepppapier an, nur weicher und sehr reißfest. Da muss man sich erst einmal dran gewöhnen.

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