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Reisen rund um die Welt

Archiv für die Kategorie “Estland”

Vöru

Katharinenallee

Die Stadt Võru liegt herrlich am Ufer des Tamulasees. Obwohl der Ort schon seit mindestens fünftausend Jahren besiedelt ist, existiert die Stadt Võru erst seit dem 21. August 1784. Sie wurde auf Wunsch der Zarin Katharina II, zusammen mit dem Generalgouverneur von Riga errichtet. Das Zurechtfinden in Võru ist einfach, denn alle Straßen verlaufen rechtwinklig zueinander. Das kennen wir doch woher? Ja richtig, in Amerika ist das ein sehr beliebtes Schema. Viele der ursprünglichen Holzhäuser sind bis heute erhalten geblieben. Dabei besinnt man sich inzwischen wieder auf das Traditionelle und an manchen der alten Fassaden werden die Verkleidungen entfernt, so dass die dicken Holzbalken wieder zum Vorschein kommen. Die moderne Wärmedämmung muss dann wohl innen erfolgen.
Für den Bau der Katharinenkirche, die am 24. Juli 1793 eingeweiht wurde, spendete die Zarin 28.000 Silberrubel. Auch eine Katharinenallee gibt es in Võru. Sie führt vom Kreutzwaldpark hinter dem Strand bis zum Marktplatz. Die 50 alten Bäume, die die Allee säumten, wurden 2013 im Zuge der Renovierung durch jüngere Bäume ersetzt.

Kreutzwaldpark

Ein Name taucht in Võru immer wieder auf: Kreutzwald. Dr. Fr.R. Kreutzwald hat sich um die estnische Literatur verdient gemacht und ist der Autor eines Nationalepos. Dazu verstand er etwas von Medizin und Physik und machte sich beim mentalen Aufbau Estlands einen Namen. 44 Jahre lebte Kreutzwald in Võru. Er starb 1882 und wurde in Tartu begraben.

Brücke zur Roseninsel

Der Tamulasee ist, wie der Peipussee, auch ziemlich warm und angenehm zum Baden gehen. Die Stadt verfügt über einen großen Strand mit vielen Freizeitmöglichkeiten. In den See hinein ragt die Halbinsel Roosisaar, Roseninsel. Im Sommer 1938 fand eine Frau aus Võru ein Auerochsenhorn und verschiedene andere Dinge aus längst vergangener Zeit, als sie ihren Ring suchte, der in den Fluss gefallen war. 1958 wurde eine Brücke über den Fluss am Westende des Sees gebaut. Dabei fand man weitere Stücke wie Steinwerkzeuge, Tonscherben, noch mehr Hörner und Bernsteinschmuckstücke, sowie 24 Skelette. Untersuchungen ergaben, dass die Siedlung 4500 Jahre alt ist.
Seit dem 23.12.1998 ersetzt die längste Hängebrücke Estlands, die eine Länge von 111m hat, die alte Brücke über den Fluss. Durch einen gelben Rahmen, wie es viele in Estland gibt, es ist ein Kunstprojekt, wird die Hängebrücke ins rechte Licht gesetzt.

Suur Munnamägi

16km südlich von Võru erhebt sich der Suur Munnamägi, der höchste Berg des Baltikums. Das klingt gut und spannend, aber der Berg misst gerade einmal 318m. Auf dem Gipfel steht ein Aussichtsturm. Nachdem man das Eintrittsgeld bezahlt hat, darf man den Rundumblick über das weite Umland genießen.

Aussichtsturm in Rõuge

Einen Besuch lohnt auch der Ort Rõuge, westlich vom Suur Munnamägi. Hier lockt ein besonderer Aussichtsturm mit zwei Plattformen. Bis 2015 stand ein hölzerner Turm an der Stelle, bevor er 2016 ersetzt wurde. Der neue Turm sieht aus, als würde er zwei Storchennester tragen.
In der Nähe des Turmes begannen Studenten der Tartu Universität mit der Rekonstruktion einer Wikingersiedlung, auf Grundlage der Ausgrabungen an dieser Stelle. Sie lebten und arbeiteten sogar eine Woche lang in dieser Siedlung, einer sehr kalten Woche im Winter, Über den Ausgang steht nichts geschrieben.
Auf dem Hügel nebenan, direkt über dem Nachtigallental, stand im 5. Jahrhundert ein Dorf, welches zu einer Siedlung mit mehreren hundert Einwohnern anwuchs. Der Handel blühte auf und ein Fort wurde gebaut. Ende des 11. Jahrhunderts gingen die Siedlung und das Fort unter. Erst 1613 lebte Rõuge wieder auf.

Das waren unsere letzten Erlebnisse in Estland. Nun kehren wir wieder nach Lettland zurück. Die letzte Nacht verbrachten wir übrigens auf dem Parkplatz direkt an der längsten Hängebrücke Estlands am Tamulasee.

Otepää

Eine Hitzewelle hat ganz Europa im Griff. Am späten Nachmittag, der heißesten Tageszeit, werden 34° gemessen. Jeden Tag wurde es jetzt heißer. Uns gefällt es, auch wenn das bei jeder Bewegung schwitzen bedeutet, denn die Luftfeuchtigkeit ist dazu durch die vielen Moore und Sümpfe sehr hoch. Nur nachts könnte es doch etwas mehr abkühlen. Die Luft steht in unserem Wohnmobil und schlafen ist kaum möglich. Es ist wirklich ein Supersommer und das seit Ende April, mit nur ganz wenigen Unterbrechungen. Wir glauben, so etwas gab es noch nie in Europa.

Schanze von Otepää

Inzwischen sind wir wieder im Süden Estlands. Die Stadt Otepää, zwischen Tartu und Vöru gelegen, liegt in einer wunderschönen Berglandschaft, in der überall Seen versteckt sind. Wobei Berglandschaft relativ ist. Otepää liegt auf etwa 165m Höhe über NN. Das klingt lächerlich, trotzdem ist die Stadt internationales Wintersportgebiet, sogar Worldcups werden hier ausgetragen. Das Tehvandi Sportzentrum bietet im Sommer Trainingsmöglichkeiten für alle Sportler. Im Winter ist das Gelände von Loipen durchzogen. Sogar eine Sprungschanze gibt es. Die Plattform, die auch von Touristen besucht werden kann, befindet sich 33,36m über dem Gelände. Der Schanzenkopf hat eine Höhe von knapp 55m. Die besten Sprungweiten liegen bei um die 100m. Die Aussicht von der Plattform ist überwältigend. Der Eintritt kostet per Treppe (10 Etagen) 2,-€ und per Aufzug 3,-€. Wir konnten sogar Skispringer beim Training hautnah beobachten. Die Anlaufspuren auf der Schanze bestehen aus Keramik, das Landestück ist mit Plastikmatten ausgelegt, die nass gehalten werden, und das Auslaufstück ist mit Holzspänen aufgefüllt. Diese Kombi ermöglicht ein optimales Skispringen, wenn kein Schnee liegt. Dieser Besuch war mehr als interessant.

Auf jeden Fall ist es das schönste Gelände, das ich überhaupt gesehen habe: verschlungene Wege durch Wald, bergauf- und bergab, Über- und Unterführungen, Lichtungen und Teiche. Markierte Hauptwege von 3-5km Länge und zahlreiche kleinere Wege durch Wald und Flur sorgen für jede Menge Abwechslung beim Laufen. Skilangläufer und Biathlonläufer finden in Otepää ideale Bedingungen.

Hügel mit Fort

Otepää, eine der ältesten Siedlungen Estlands, besaß schon vor 2000 Jahren ein Fort, welches auf einem 30m hohen Hügel errichtet wurde. Der Hügel an sich ist rätselhaft, da er sich mitten in einem ziemlich runden Tal erhebt. Von hier aus konnte die Besatzung des Forts die beiden großen, sich kreuzenden Handelswege kontrollieren. 1116 übernahmen die Russen das Fort, Anfang des 13. Jahrhunderts baute der Bischof von Tartu, Hermann, das Fort zu einer Burg aus. Von der ist jedoch so gut wie nichts mehr übrig, aber man hat einen schönen Blick auf die Stadt und die Umgebung.

St. Mary´s

Die St. Marys Lutherian Church, der Kirche Otepääs, ist der Ursprungsort der Estnischen Nationalflagge. Am 4. Juni 1884 „erfand“ die Estonische Studentengesellschaft die blau-schwarz-weiße Flagge, die 1992 zur Nationalflagge der Republik Estland wurde.
Otepää hat uns also vollauf überrascht. Übernachtet haben wir auf dem großen Parkplatz des Tehvandi Sportzentrums. 

Tartu

Hauptgebäude der Universität

Tartu ist Universitätsstadt. Das ist auf Schritt und Tritt zu sehen. Das Hauptgebäude der Universität ist beeindruckend. Das Hauptportal ist, wie so oft im Baltikum, dem griechischen entlehnt. Ein dreieckiger Giebel wird von großen Säulen getragen. Überall in der Stadt sind Gebäude verteilt, die zur Uni gehören. Viele davon waren früher schon Akademien für verschiedene Bereiche. Die Universität gründete 1632 Schwedens König Gustav II Adolf von Schweden.

Rathausplatz

Der Rathausplatz ist sehr schön und großzügig. Schicke Jugendstilbauten schmücken ihn, wie den Großteil von Tartus Altstadt. Der Brunnen der „Küssenden Studenten“ ist fast schon berühmt. Am unteren Ende des Rathausplatzes ist das Schiefe Haus von Tartu zu finden, gebaut um 1790. Inzwischen hat ein Teil der hölzernen Pfahlgründung nachgegeben. Trotz der doch großen Schieflage ist es tadellos in Ordnung. Das Schiefe Haus ist heute Heimat für die Städtische Kunstsammlung.

Pulverkeller

Wenn man durch die Straßen schlendert, trifft man auf viele besondere Restaurants, Bierkeller und Bars. Darunter ist auch der „höchste Pub der Welt“, der es ins Guinessbuch der Rekorde geschafft hat. Ehemals war es der Pulverkeller der Stadt, im 18. Jahrhundert von der Zarin Katharina in Auftrag gegeben. Das Gewölbe ist 10,2m hoch. Neben vielen anderen Biersorten wird auch das Hausbier Püssirohu angeboten. Wer sich dafür entscheidet, muss eine weitere Entscheidung treffen: das Männerbier (1l), das Frauenbier (0,5l) oder das XS-Frauenbier (0,25l). Die Suppen werden alle in einer Brotschüssel serviert.

Pendel zum Anzeigen der Erdrotation

Zu Tartu gehört auch der Domberg, auf den man über viele Stufen kommt. Obendrauf steht die Ruine des Doms aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Einst war die Kathedrale die größte in Osteuropa. Ein Viertel des Doms wurde rekonstruiert, um das Universitätsmuseum und einen Shop. darin unterzubringen. Vor dem Shop hängt ein Pendel. Es wurde am obersten Punkt der Halle angebracht. So ist es mit 20,8m lang genug, um die Rotation der Erde sichtbar zu machen. Dafür muss man jedoch das Pendel mindestens eine halbe Stunde beobachten. Das Gewicht am Ende des Pendels wiegt 60kg.

Engelsbrücke

Man kann den Domberg, der von einem Park umgeben ist, aber auch über die Lossistraße wieder verlassen. Dadurch erreicht man bald zwei Brücken: die Engelsbrücke und die Teufelsbrücke. In der Nähe der Engelsbrücke ist das Observatorium zu finden.
Ist man unter der Engelsbrücke hindurch gegangen, ist man wieder auf dem Weg in die Altstadt, Richtung Rathausplatz.

Schwein vor der Markthalle

Auch sehr schön ist der Botanische Garten Tartus. Er ist frei zugänglich und zeigt viele exotische und einheimische Pflanzen, inkl. einem Teich und einem kleinen Pavillon. Von hier aus kann man immer am Ufer der Emajõgi, die sich durch die Stadt schlängelt, zurück zur Altstadt spazieren. Dabei kommt man an der Freiheitsstatue Tartus vorbei und passiert mehrere Brückenköpfe. Irgendwann erreicht man die Anleger der Ausflugsboote und die Markthalle, vor der ein riesiges Bronzeschwein auf einem Sockel steht. Auf ihm sind die verschiedenen Fleischteile markiert, wie sie beim Fleischer zu bekommen sind. Die Markthalle, ein alter Bau, ist im Inneren sehr neu und übersichtlich. Der offene Markt lädt an der Flussbiegung an der Turubrücke ein.

Tartu hat aber auch viele moderne Bauten mit überraschender Architektur zu bieten. Große Schoppingcenter gibt es mehr als Finger an einer Hand. Das größte von ihnen, mit 160 Shops und einer Eisbahn, ist das „Lõunakeskus“.
Das Womo haben wir im Hafen Karlova Sadam stehen, zwei Kilometer östlich der Altstadt.

Peipussee

Nordufer des Peipussees

Der Peipussee ist das viertgrößte Binnengewässer Europas und siebenmal größer als der Bodensee. Fährt man an seiner Nordküste entlang, kommt man sich wie an die Ostsee versetzt vor. Beide Landschaften sind austauschbar: Sanddünen, Kiefernwald, Strandzugänge, Ferienwohnungen und -häuser sowie Zeltplätze. Der einzige Unterschied ist, dass der Peipussee wärmer als die Ostsee ist, na ja, vom Salzgehalt abgesehen.  Jetzt, Mitte Juli, hat das Wasser des Sees 24 Grad. Da habe selbst ich mich überwinden können, in die Fluten zu steigen. Ein gegenüberliegendes Ufer ist nicht zu sehen.

Mündung des Rannapungerja

Wir haben ein schönes Plätzchen direkt an der Mündung der Rannapungerja im gleichnamigen Ort gefunden. Nicht auf dem Campingplatz, der 25,-€ haben will, sondern direkt am Ufer des Flusses für 5,-€. Es ist wirklich ein sehr schönes Fleckchen. Leider ist es zumindest an den Wochenende eine Hochburg für Motorboot- und Jetskifreunde. Von Mittag bis abends wird die Luft vom Dröhnen der Motoren erfüllt. In dieser Zeit hat die Natur keine Chance. Da bleibt bloß noch, sich aufzumachen und die Gegend zu erkunden.

Strand Kauksi

Es führt immer direkt am Nordufer des Peipussees entlang eine Straße Richtung russische Grenze. Will man am Strand von Kauksi baden gehen, kostet das 15,-€ Parkgebühr für den Tag. Dafür ist der Strand breit, aufgeräumt und eine Imbissbude sorgt für das leibliche Wohl. Für den Rest des Weges kann man überall am Straßenrand parken. Ein paar Meter Fußweg führen dann durch den Kiefernwald zum nicht ganz so breiten Strand.
Der Peipussee ist mit durchschnittlich 8m sehr flach. Da muss man schon ganz schön weit rein laufen, wenn man schwimmen will. Baden macht aber in jedem Fall Laune.

in Vasknarva ist Schluss

Am Ende der Norduferstraße liegt der kleine Grenzort Vasknarva. Vor dem Krieg zählte der Ort 840 Einwohner, danach waren es nur wenige, heute vierzig. Hauptsächlich Rentner und Sommerurlauber beleben Vasknarva, das doch sehr abgeschieden liegt. Von der Vasknarvafestung ist nur noch eine kleine Ecke übrig. Von hier aus sieht man über die Narva, die wir schon in der Stadt Narva kennenlernten, nach Russland hinüber. Es gibt allerdings keine Verbindung mit der anderen Seite, keine Brücke, keine Fähre. Es ist einfach nur idyllisch und sehr russisch. Überhaupt wird es immer russischer, je näher man der Grenze kommt. Die Autos haben alle estnische Nummern, aber es wird zu 95% russisch gesprochen. Die Häuschen, das Drumherum, alles erinnert uns an vor über dreißig Jahren, als wir vier Jahre lang in der Sowjetunion an der Erdgastrasse arbeiteten.

Kallaste liivakivipaljand

Den zweiten Halt am Peipussee legten wir kurz vor Kallaste ein. Direkt zwischen der Straße 43 und dem Kiesstrand liegt der Campingplatz „Nemo“. Ein wunderschöner Platz, frei und ruhig. Nur 6km weiter liegt Kallaste. Im Gegensatz zu den Dörfern, die wir bisher am Peipussee kennenlernten, ist Kallaste direkt groß. Die Stadt besitzt sogar so etwas wie ein Kaufhaus, wo man alle Waren des täglichen Bedarfs bekommt. Das sah in den letzten Tagen anders aus. Da mussten wir uns in den winzigen Lädchen unsere Einkäufe zusammensuchen.
Während der Nordstrand des Peipussees sandig ist, gibt es am Westufer nur wenige Stellen, die zum Baden geeignet sind. Eigentlich hat hier das Schilf die Oberhand. Kallaste ist da wieder bevorteilt. An dem ausreichend großen Sandstrand kann man gut baden gehen, auch einen Aussichtsturm gibt es.
Am südlichen Ufer der Stadt gibt es sogar eine kleine Steilküste, Kallaste liivakivipaljand, nicht groß und nicht hoch, aber rot, mit Höhlen darin. Steigt man auf den Felsen, hat man eine schöne Sicht auf die Küste des Sees. Sieht irgendwie wie an der Cote d´Azur aus, mit kleinen Buchten, die durch Steinreihen voneinander getrennt sind, mit viel Grün.

ausgedient

Liebhaber von Süßwasserfischen kommen am Peipussee auf ihre Kosten. Sehr lecker sind die frischen maränenähnlichen Fische. Geräuchert sind diese Fische mit 15,-€ pro Kilo kaum zu bezahlen.
Den Peipussee teilen sich übrigens die Esten mit den Russen. Die Grenze verläuft mitten durch den See, daher gibt es bestimmte Regeln für den Bootsverkehr. Private estnische Boote dürfen sich bis zu einem Kilometer vom Ufer entfernt aufhalten. Estnischen Berufsfischern steht die ganze Seite bis 200m vor der Grenze zur Verfügung. Wird diese Grenze überschritten, kann es schnell vorkommen, dass die russische Marine die Sünder aufgreift und in Russland inhaftiert. Dann dürfen sich die Botschaften beider Länder mit dem Fall beschäftigen. So haben wir es jedenfalls von mehreren Einheimischen erzählt bekommen. Wie es auf der russischen Seite aussieht, wissen wir jedoch nicht.

Alutaguse

Herbststimmung in Kuramäe- Ende Juli

Die ganze Gegend in Nordosten Estlands, zwischen Jõhvi und dem Peipussee wird Alutaguse genannt. Es ist die Gegend für Bärenbeobachtungen. Da man jedoch keine Ahnung hat, wo sich die Tiere bevorzugt aufhalten, hat es auch wenig Zweck, sich irgendwo auf die Lauer zu legen. Es gibt zwar Anbieter für Bärenbeobachtungstouren, aber da kostet eine Nacht um die 105,-€. Von einer Hütte aus können Bären, Marderhunde, Füchse usw. beobachtet werden. Sie werden mit Futter in der Nähe gehalten, so dass Sichtungen fast garantiert werden.
Wir fuhren frohen Mutes, vielleicht doch ganz zufällig irgend etwas vors Gesicht zu bekommen, nach Alutaguse. Schon der erste Versuch, in der Wildnis aus dem Auto zu steigen und sich im Wald zu bewegen, scheiterte kläglich an den Myriaden von Pferdefliegen. Da hilft auch kaum ein Antimückenmittel. Bei Temperaturen um 28 Grad will man nicht mehr als nötig anziehen. Da wäre ein Ganzkörperkondom aus Gaze eine glänzende Idee. Wir übernachteten auf dem Parkplatz des Kuramäe-Klosters. Von dort wollten wir uns die Kurtna-Seen ansehen. Gerade einmal zwei von ihnen konnten wir besuchen, dann waren uns die Bremsen zu viel. Das macht einfach keinen Spaß.

Kuramäe-Kloster

Dafür besichtigten wir das Kuramäe-Kloster, oder wie es richtig heißt: Nonnenkloster des Einschlafens der Gottesmutter in Püchtitz. Es ist das letzte noch arbeitende Frauenkloster in Estland und steht auf dem mit 91m höchsten Hügel der Umgebung. Bauern dieser Gegend sollen im 16. Jahrhundert auf diesem Hügel eine Vision gehabt haben. Wenig später fanden sie bei der alten Eiche eine Ikone. Diese Szene wird auf einem Wandgemälde am Haupteingangstor des Klosters abgebildet. Zuerst bauten die Bauern eine Kapelle, später wurde ein Kloster daraus. 150 Nonnen leben und arbeiten heute noch autark innerhalb der Mauer, die das Klostergelände umfasst. Neben der orthodoxen Kirche gehören weitere Kirchen, Wohnhäuser und ein Park zum Kloster. Der Besuch ist kostenfrei, aber es werden Souvenirs, Ikonen, Süßigkeiten usw. zum Kauf angeboten. Alles ist in einem einwandfreien Zustand.

altes Apothekengebäude

Zum Dorf gehören neben dem Kloster u.a. die alten Gebäude der Schule, des Hospitals, der Apotheke und das Haus des Arztes. Im Hospital sind heute die Post und die Internetstelle untergebracht. Die Apotheke wird inzwischen als Hostel genutzt. In dem kleinen einfachen Restaurant, welches dazugehört, wird original estnisch-russische Küche angeboten. Da stehen Soljanka, Borschtsch und Pelmeni auf der Speisekarte. Wir entschieden uns für die hausgemachten Pelmeni, gefüllt mit Hackfleisch, zu denen Smetana, Salat und Brot gereicht wurden.

heilige Quelle von Kuramäe

Etwas abseits des Klosters, in der anderen Richtung vom Parkplatz aus, ist die heilige Quelle zu finden. Es gibt ein primitives Badehaus, um im heiligen Wasser zu baden. Noch etwas weiter befindet sich ein Quelltopf, in dem man das heilige Wasser schöpfen kann. Kanisterweise schleppen es die Leute nach Hause. Natürlich nutzten auch wir die Gelegenheit, unsere Wasserreserven mit gutem Quellwasser aufzubessern.

Narva

Russland-Narva-Estland

Die Stadt Narva ist Grenzstadt der EU, die nordöstlichste Stadt Estlands und der nordöstlichste Punkt unserer Baltikum-Rundreise. Auf der Fernstraße 1 erreicht man direkt das Zentrum Narvas. Fährt man über den Fluss Narva hinüber, ist man schon in Russland, Grenzkontrolle inklusive. Wir wollten eigentlich unsere Rundreise über St. Petersburg machen, aber die Formalitäten (Visa, Einladung, Versicherungen für jedes Fahrzeug und jede Person und weiteres) fanden wir für die kurze Zeit, die wir in Russland gehabt hätten, viel zu üppig. Aus dem gleichen Grund hatten wir auch Kaliningrad ausgelassen. Wir werden es überleben.
Die Peterburgi Brücke verbindet also nicht nur Estland mit Russland, sondern auch die beiden Burgen, die sich bedrohlich gegenüber stehen. Die Burg auf estnischer Seite, die Hermannsburg, errichteten ab 1276 die Dänen. Im 14. Jahrhundert kamen die deutschen Ordensritter und bauten die Hermannsburg aus. 1492 bekam sie Gesellschaft von der Festung Ivangorod auf der anderen Seite der Narva.

Narvas Promenade

Um über Narvas Promenade zu wandeln, muss man einige Stufen hinabsteigen, denn auch hier spielt die Kalksteinwand, von Gotland über Saareema kommend, eine große Rolle. Sie ist in Narva allerdings durch mächtige Mauern verkleidet worden. Das ganze ergibt jedenfalls ein wunderschönes Ensemble am Ufer der Narva, zu dem zwei in den Fluss ragende Plattformen gehören. Von denen aus bekommt man einen schönen Blick auf beide Burgen, die Peterburgi Brücke und den Fluss.

Narvas Rathaus

Das imposante Rathaus aus dem 17. Jahrhundert vereint verschiedene Stilrichtungen und besaß im Laufe der Zeit verschiedene Funktionen. Leider ist wohl seit der Unabhängigkeit von Russland nichts mehr an den Gebäude gemacht worden. Danach sehen viele Gebäude Narvas aus, was dem allgemeinen Stadtbild wenig zuträglich ist. Dafür bietet die Stadt drei große Shoppingcenter.

Umkleidewagen

Etwa 10km nördlich von Narva, an der Küste und an der Mündung der Narva in den Finnischen Meerbusen, liegt Narva-Jõesuu, das Seebad der Städter. Die Blütezeit des Seebads lag in den „goldenen Dreißigern“. Daran erinnern die hübschen weiß-roten Umkleidewagen, die den Strand zieren. In Narva-Jõesuu beginnt ein Sandstrand, der sich 12km Richtung Westen ausdehnt. Es ist damit der längste Küstenstrand Estlands.

Fallen für Neunaugen

Im kleinen Fischerhafen liegen überall Bündel mit kleinen Plastiktüten. Da wir uns nicht recht erklären konnten, was man damit fängt, soviel war klar, fragten wir einfach einen der Fischer. Es ist an der Narva die Fangtechnik für Neunaugen. Während man in der Salaca die Neunaugen mit einem über den Fluss gespannten Netz und Reusen fängt, übernehmen das in der Narva diese merkwürdigen Tüten.

Valaste juga

Die höchste Steilküste Estlands findet man zwischen Aseri und Toila. Es ist das Ontikacliff und unser Womo steht mittendrauf, 55m hoch über dem Meeresspiegel, beim Feriendorf Valaste Pohkaküla. Genau an dieser Stelle ist auch der 33,8m hohe Wasserfall Valaste juga zu finden. An der Stelle, an der sich das Wasser in die Tiefe stürzen soll, ist bogenförmig ausgewaschen. Dadurch wurden die Kalksteinschichten freigelegt, die zudem durch die Mineralien verschiedene Farben angenommen haben. Das Problem ist nur, dass gerade kein Wasser fließt, was sich bis zum Herbst sicher auch nicht ändern wird. Damit hätten wir uns abgefunden, aber es ist auch nicht mehr möglich, sich den Wasserfall vernünftig anzusehen. Es gab einmal eine Zeit, da konnte man von einer Brücke aus direkt das Naturwunder bestaunen. Inzwischen ist die Brücke baufällig und der Zugang wurde schon demontiert. Schwindelfreie finden linker Hand einen abenteuerlichen Weg zu einem Punkt, von dem aus sie trotzdem auf den Wasserfall blicken können.

Strand bei Saka

In der Hoffnung, die 55m hohe Steilwand von unten bewundern zu können, fuhren wir nach Saka. Dort führt zwar ein Weg an den Strand, aber von der Steilwand ist nichts zu sehen. Ein ganzer Wald verhindert das, der sich an der Steilwand angesiedelt hat. Nur gut, dass wir das Pangacliff sehen durften. Ein anderer Weg führt zur oberen Kante des Durchbruchs, von wo aus sich ein schöner Blick über das Gebiet eröffnet.

Toila

In Toila versuchten wir es erneut, aber wieder kein Blick auf die Steilwand, nur Bäume. Beim Hafen liegt ein schöner Strand. Der Parkplatz kostet allerdings 5,-€. Der Hafen und der Strand werden von einem schönen großen Park umrahmt, der auch den Fluss umfasst, der in Toila mündet. Vor dem Park kann man das Auto gratis stehen lassen. Der Höhenunterschied von 55m muss dann zu Fuß überwunden werden.

Lahemaa Nationalpark

Land der Buchten und Steine

Der größte Nationalpark Estlands ist zugleich der nördlichste Punkt unserer Baltikumreise. Wir brauchten viel zu lange, um hierher zu kommen. Es waren einfach viel zu viele schöne Reiseziele, die auf unserem Weg lagen. Deshalb werden wir nicht über Finnland, Schweden und die Lofoten nach Deutschland zurückfahren, sondern die Baltischen Staaten über das Landesinnere in Richtung Polen verlassen. Es wäre doch zu schade, die vielleicht genauso vielen Reiseziele im Landesinneren auszulassen.
Lahemaa heißt: Land der Buchten. Der Nationalpark umfasst vier Halbinseln, dazu das Land bis zur Fernstraße 1 und der großzügige Teil des Finnischen Meerbusens, der die Halbinseln umspült. Es ist eine Gegend, in der Naturliebhaber voll auf ihre Kosten kommen. Sogar die allermeisten Straßen sind ausgebaut. Bären und Elche zu beobachten, dafür kommen die meisten Touristen in dieses Gebiet, ist aber leider eher unwahrscheinlich.

Wasserfall Nõmmeveski

Von unserem Stellplatz in dem kleinen Hafen Vergi aus, auf der rechten Halbinsel, erkundeten wir einige Orte des Lahemaa Nationalparks. Es ist nicht nur das Land der Buchten, sondern auch das Land der Steine. Unzählige Findlinge aus der letzten Eiszeit liegen in der Gegend herum. Die Kalksteinkante, der wir im Norden Saaremaas begegnet sind und die ihren Anfang auf Gotland nimmt, setzt sich an der Nordküste Estlands fort. Besonders schön sieht man es am Wasserfall Nõmmeveski südlich der Eru Bucht. Das Wasser fällt zwar nur über eine knapp zwei Meter hohe Kante, aber die Lage und die Landschaft drumherum sind toll. Die senkrechten Kalksteinwände sind bis zu zwanzig Meter hoch. Es ist das erste Mal, dass wir abseits der Küste solche Höhenunterschiede gesehen haben. Der Fluss Valgejõgi hat sich da ein schönes Bett gegraben.
Geht man den Weg am Fluss unterhalb des Wasserfalls weiter, stößt man auf die Ruinen eines kleinen Wasserkraftwerkes, welches aus der sowjetischen Zeit stammen könnte. Das Wasser, welches eine Turbine antrieb, wurde über einen auf Stelzen stehenden Betonkanal dorthin gebracht.

Virubog

Ein Hochmoor kann man bei Kolga erleben. Durch das Virubog führt ein 5,5km langer Wanderweg, wovon 2,5km Bretterweg sind. Der Rand des Virumoores setzt sich deutlich vom normalen Wald ab. Auf Schlag stehen nur noch gespenstisch aussehende, kleine Kiefern in der Landschaft, die nach etwa hundert Metern noch kleiner werden. Bald wachsen sie nur noch vereinzelt und es kommen kleine und größere Wasserlöcher ins Spiel. Schon immer waren sie ein wichtiges Wasserreservoir für die hier lebenden Menschen. Der schöne Sonnentau fühlt sich auch hier wohl. Von einem Aussichtsturm kann man über einen großen Teil des Moores sehen.

Landgut Sagadi

Wer eher etwas für Kultur übrig hat, für den sind vielleicht die Landgüter in Sagadi und Palmse etwas. Das Landgut Sagadi steht für die Besucher offen. Nur für das Herrenhaus, zusammen mit dem Waldmuseum, fällt ein Eintrittsgeld von 4,-€ an. Zum Anwesen gehört ein kleiner Park mit Teich, ein Garten und ein Hotel mit Restaurant. Im Restaurant stehen neben Schwein, Rind und Lamm auch Elch und Bär auf dem Speiseplan. Es ist eine sehr schöne Anlage.
Für das gesamte Landgut Palmse werden 9,-€ Eintritt verlangt. Neben dem Gebäudekomplex gehört auch ein riesiger Park mit Wanderwegen, Teichen und Brücken zum Landgut.

Palmse Kõrts

Für das leibliche Wohl haben wir einen ganz tollen Tipp: die Taverne Palmse Kõrts. Das Gebäude steht wohl schon seit hunderten von Jahren dort. Wie es aussieht, war es früher eine Poststation mit Taverne. Heute hat die Taverne alle Räume in Beschlag und sieht immer noch so aus wie früher. Das Essen ist echt estnisch und lecker. Das ganze Ambiente ist unverändert rustikal.

Fischerdorf Altja

Sehenswert ist auch das kleine Fischerdorf Altja. Ganz unten an der Spitze stehen uralte Fischerhütten, die Küste ist mit großen und kleinen Findlingen übersät. Von hier aus kann man zum kleinen Hafen Vergi mit dem kleinen Leuchtturm hinübersehen.

Strand von Vösu

Im Lahemaa Nationalpark scheinen sich die Besucherzahlen in Grenzen zu halten. Wenigstens bekommt man diesen Eindruck, wenn man unterwegs ist. Das sieht in Võsu ganz anders aus. Da kommt man sich an die Ostseeküste versetzt vor. Ein langer, wenn auch nicht gerade breiter Sandstrand lockt jede Menge Badelustige an. Wahrscheinlich besitzt jedes Wohnhaus Võsus mindestens eine Ferienwohnung. Der Campingplatz Lepispea ist mit 19,-€ recht preiswert, sehr groß und direkt am Strand gelegen.

Noch ein Hinweis: Wer sich länger in der Natur des Lahemaa Nationalparks aufhalten möchte, sollte sich mit Lebensmitteln eindecken. Es gibt nur zwei Orte, in denen man das Nötigste bekommt. Das sind Võsu und Loksa.

Grillfleisch vom Elch

Auch wenn man keine Elche zu Gesicht bekommt, Dauerthema sind sie trotzdem. Zumal es mehr Elche als Menschen in Estland geben soll. Estland zählt 1,3 Millionen Einwohner. Es gibt aber Elchfleisch im Supermarkt zu kaufen. Wenn „Põdra“ auf der Packung steht, ist Elch drin. Endlich hatten wir Gelegenheit, Elchwurst und -fleisch zu probieren. Es ist vollkommen anders, als man sich das vorstellt. Das Fleisch ist recht hell und liegt geschmacklich zwischen Schwein und Rind. Vielleicht stammt das Fleisch in der Packung des Supermarktes vom Elchkalb, die älteren Tiere haben vielleicht etwas kräftigeres Fleisch. Wir wissen es nicht, können uns das aber vorstellen. Geschmeckt hat es jedenfalls superlecker.

Tallinn

aus Marzipan gemacht

Schon vieles haben wir über Tallinn gelesen und gesehen, aber: Was hat Tallinn mit Marzipan zu tun? Tatsächlich streiten sich die beiden Hansestädte Tallinn und Lübeck darüber, wer das Recht darauf hat, die Süßigkeit erfunden zu haben. Schon im Mittelalter wurde Marzipan in der Tallinner Ratsapotheke als Arznei hergestellt und verkauft. Wie damals wird Marzipan, heute eine Süßigkeit, nach Jahrhunderten nach dem gleichen Rezept hergestellt. Probieren und kaufen kann man die Leckerei z.B. im Stirnhaus an der Großen Gilde oder in der Nähe des KGB-Gefängnisses in der oberen Pikkstraße. Dort ist auch ein kleines Museum untergebracht, freier Zutritt. Es ist unglaublich, was man alles mit Marzipan machen kann. Ich liebe sowieso Marzipan.

Die Ratsapotheke ist die älteste Apotheke in Europa, die seit 1422 ununterbrochen in dieser Funktion besteht. Der Großteil der Räume wird inzwischen allerdings als Antik-Geschäft genutzt.

Blick vom Domberg

Tallinn erinnert ein bisschen an Riga, ist aber doch anders. Die Altstadt Tallinns, UNESCO-Weltkulturerbe, ist immer noch weitestgehend von einer Stadtmauer umgeben. Ein kleines Stück davon, am östlichen Tor in der Virustraße, kann begangen werden. Das kostet 3,-€. Viele der Beobachtungstürme sind ebenfalls noch erhalten. Die Stadtmauer umgab die Unterstadt, die seit Gründung 1230 bis Februar 1918 noch Reval hieß. Hier hielten sich die Einwohner, Handwerker und Kaufleute auf. Die deutsche Hanse ließ Reval erblühen. Der Domberg Toompea bildete die Oberstadt, die eher eine kirchliche Welt war. Seit dem 11. Jahrhundert steht die Ordensburg dort, die 1770 Zarin Katharina II. zum Barockschloss umgestaltete. Hier tagt das estnische Parlament. In einem anderen Komplex hat die estnische Regierung ihren Sitz. Verschiedene Botschaften sind auf dem Domberg auch ansässig.

Alexander-Newski-Kathedrale

Es gibt drei Aussichtspunkte, von denen aus man auf verschiedene Stadtteile Tallinns blicken kann. Den besten Überblick hat man wahrscheinlich vom Turm der Olaikirche aus, der jedoch nicht umsonst zu haben ist.
Ebenfalls auf dem Domberg steht die Alexander-Newski-Kathedrale. Wie alle orthodoxen Kirchen ist auch diese üppig mit goldenen und silbernen Ikonen ausgeschmückt. Die oberste Kuppel scheint sehr hoch.

hübsche kleine Ecken

Das Zentrum der Unterstadt ist der Rathausplatz, aber es lohnt sich, durch die alten Gassen zu schlendern und durch die offenen Türen der alten Gebäude zu schauen. Noch nie haben wir hinter so viele Türen gesehen wie in Tallinn. Das schönste Gebäude, auf einer Tafel davor ist zu lesen: „14 Stufen ins 15. Jahrhundert“, ist die Olde Hansa“. Das Gebäude, die Innenräume, das Essen, die „Diener“, alles original. Wer das nötige Kleingeld dabei hat, wird in der Olde Hansa auch mit Bären- und Elchfleisch bewirtet. Man sollte jedoch ein Eichhörnchenfell dabei haben, dann spart man sich das Trinkgeld.

Drei Schwestern

In der Pikkstraße sind Gildehäuser ausländischer Händler, das Schwarzhäupterhaus, ein kleiner Park und die Gefängniszellen des KGB zu finden. Sechs Zellen im Keller für 9,-€ Eintritt fanden wir dann doch etwas zu viel. Ein schönes Ensemble bilden die Drei Schwestern, drei Speicherhäuser aus dem Jahre 1362. Heute ist darinnen ein Hotel untergebracht.

außerhalb der Stadtmauer

Am nördlichen Ende von Tallinns Altstadt steht die Dicke Margarethe, ein gewaltiger Wehrturm, der das Stadttor von See her schützte. Eine Aussichtsplattform und das Maritime Museum können besichtigt werden. Bei unserem Besuch war es leider geschlossen.
Die westliche Seite der Stadtmauer begeht man am besten an der Außenseite, wo ein Gartengelände zu finden ist. Verschiedene Gartenbauarchitekten stellen hier ihre blumigen Kreationen vor.

Balti Jaama Turk

Die Nunnestraße, an dieser Seite aus der Altstadt kommend, führt direkt zur Markthalle Balti Jaama Turk, hinter dem Bahnhof. Es ist nicht der Zentralmarkt und es herrscht auch kein Marktgewimmel. Unter den Dächern des Marktes wird in mehreren Räumen, großen und kleinen, alles angeboten, was man von einem Markt erwartet. Dazu bieten einige Stände Essen und Trinken in verschiedenen Varianten an, so dass man sich nach einem langen Stadtspaziergang etwas stärken kann.

abendliches Tallinn

Wir haben für unser Womo einen großen, leeren und kostenlosen Parkplatz direkt an der Tallinnbucht gefunden, gleich südlich des Yachthafens Pirita, während die beiden Womo-Stellplätze dort sehr teuer und völlig überlaufen sind. Von hier aus kann man unglaubliche Sonnenuntergänge beobachten, hat man einen schönen Blick auf die Skyline Tallinns und sieht die Fähren und Kreuzfahrtschiffe ankommen und abfahren. Auf der langen Promenade kann man die Seele baumeln lassen. Wie immer, hat auch Tallinn viel zu viel für einen Tag zu bieten. Da sind z.B. das Barockschloss im Kadriorg-Park, das Filmmuseum an der Tallinnbucht und der Strand nördlich des Piritahafens.
Von Pirita aus fährt der Bus in die Innenstadt. Eine Fahrt kostet 2,-€ und die Station (Endstation) heißt Viru Keskus. Von dort ist es nicht mehr weit zur Altstadt. Für die Rücktour befinden sich die Haltestellen im Untergeschoss des großen Gebäudes, auf dem Viru Keskus steht.

Haapsalu (Haapsal)

Bahnhof Haapsalu

Wir hatten überlegt, über die Insel Hiiumaa nach Haapsalu zu fahren. Bevor wir Ende April zu unserer Baltikumtour aufbrachen, fragten wir uns, was wir wohl die ganze Zeit machen sollen, denn bis Tallinn sind es nur rund 1200km. Jetzt sind schon zweieinhalb Monate vergangen und wir sind immer noch nicht in Tallinn. Deshalb ließen wir die ursprünglichste estnische Insel aus und fuhren wieder mit der Fähre über die Väikestraße zurück auf´s Festland. Es war mit Abstand die längste Etappe bisher, 171km.
Haapsalu wurde uns unterwegs wegen seines alten Bahnhofs ans Herz gelegt. Dieser war dann auch gleich die erste Station unseres Stadtbummels durch das baltische Seebad. Eigentlich ist es ein Eisenbahnmuseum, denn vor dem sehr hübschen und langen Bahnhofsgebäude, 1893 ganz aus Holz gebaut, stehen verschiedene Lokomotiven und Waggons, um die sich leider niemand mehr kümmert. Viele Loks und Waggons befinden sich schon in einem erbärmlichen Zustand. Wegen der Länge des Bahnhofsgebäudes wurde es Kegelbahn genannt. Es ist inzwischen ein Museum und tadellos rekonstruiert.

Konzertsaal

Als nächste Station steuerten wir die alte Bischofsburg Piiskopilinnus an. Seit dem 13. Jahrhundert Sitz des Bischofs von Ösel-Wiek, ist sie heute nur noch eine Ruine. Man ist allerdings dabei, einen Teil der Burg wieder herzustellen. Nur die zur gleichen Zeit (1270) gebaute Domkirche strahlt noch in altem Glanz.
Man sollte ein wenig durch die Altstadt schlendern und die alten, schönen Holzhäuser bewundern, die uns inzwischen schon fast die ganze Reise durch das Baltikum begleiten. Sehr schön ist auch die Promenade mit dem alten Kurhaus und dem Konzertsaal aus dem Ende des 19. Jahrhunderts.

Zar Peter der Große war zu Gast

Haapsalu hat in den letzten Jahrhunderten berühmte Gäste begrüßen dürfen. 1715 war der russische Zar Peter der Große zu Gast. Damals bewohnte er das Haus in der Rüütli 4. Man findet es, wenn man vom im Wasser stehenden Pavillon aus die Straße bergauf geht, gleich an der nächsten Kreuzung. Die Zarenfamilie Romanow war wegen der Schlammbäder hier zur Kur, und der Komponist Peter Tschaikowsky verbrachte den Sommer 1867 in der Stadt, um an seinem ersten großen Musical zu arbeiten.

Das Wohnmobil steht auf dem Parkplatz am Strand, in der Nähe der Marina.

 

Saaremaa (Ösel)

Werk der Riesen?

Die estnische Insel ist knapp dreimal so groß wie Rügen. Sie besitzt so viele Sehenswürdigkeiten, dass man sicher mehr als zwei Wochen braucht, um sie alle zu erleben. Zum größten Teil sind es natürliche Szenarien, wie Steilwände aus Kalkstein, Seen, Quellen und Wanderwege. Über unsere Entdeckungen in und um Orissaare und Kuressaare habe ich schon berichtet. Inzwischen haben wir uns die Halbinsel Sölve im Südwesten Saaremaas angesehen und waren in Panga im Norden der Insel. Irgendwie kommt man sich auch nach Schottland versetzt vor, denn hier begrenzen, wie dort, kleine Steinmäuerchen die Grundstücke.

Leuchtturm am Kap Sölve

Im Süden Sölves ist das gleichnamige Kap mit dem Leuchtturm zu finden. Genau dieses Land konnten wir vom Leuchtturm in Slitere aus sehen. Nun guckten wir in die andere Richtung und sahen Kap Kolka in der Ferne. Genau wie dort hat sich am Kap Sölve auch eine Landzunge gebildet, nur dass diese hier aus Kies besteht. Kreuzseen gibt es jedoch keine. Auf Saaremaa gibt es wohl keine Sandstrände, da die Küsten alle aus Kalkstein bestehen, wie die gesamte Insel.
In der Nähe des Leuchtturms sind die Reste einer sowjetischen Militärstation zu besuchen. Eintritt kostet 4,-/2,-€. Dazu gehören Bunker von außen, Geschützfundamente, verschiedene Gebäude und viele verschiedene und verrostete Technikteile sowie Utensilien.

Visitorcenter Vilsandi Park

Da wir die Straße an der Ostseite hinunterfuhren, wollten wir an der Westseite wieder nach Tehumardi zurück fahren. Leider sind auch dort die meisten Straßen unbefestigt. Dazu kommt, dass an dieser Halbinselseite die Sehenswürdigkeiten versteckt sind, wie Steilwände, Aussichten und Wanderwege. Wir wollen unseren Autos die Tortur nicht immer antun, deshalb fuhren wir nach Loona weiter. Der Ort liegt kurz vor Kihelkonna. Dort befindet sich die Parkverwaltung des Vilsandi Nationalparks, in der wir erfuhren, dass der allergrößte Teil dieses erlebenswerten Parks nur zu Fuß oder per Fahrrad zu erreichen ist. Mit dem E-Bike kein Problem, doch wir besitzen nur normale Fahrräder und sind zudem untrainiert. Es existiert sogar ein Wander-/Fahrradweg auf die Insel Vilsandi, der bis dorthin über mehrere weitere Inseln führt. Hin und zurück fährt man da schon um die 50km.

letzter Glockenturm Estlands

So fuhren wir noch nach Kihelkonna hinein, um uns die Fährstation nach Vilsandi anzusehen. Wieder führt eine 5km lange Schotterpiste dorthin. Im Visitorcenter in Loona hatten wir erfahren, dass die Fähre eigentlich ein Wassertaxi ist, das auf Abruf bereit steht. Hin- und Rückfahrt kostet 50,-€, ob man nun allein, zu zweit oder mit einer Großfamilie kommt.
Nahe der Kirche von Kihelkonna steht ein alter Glockenturm. Die meisten Kirchen auf Saaremaa und anderen Inseln Westestlands wurden als Burgkirchen ohne Turm gebaut. Sie dienten der Bevölkerung als Schutzraum bei Überfällen. Daher standen die Glockentürme etwas abseits. Im 17. Jahrhundert noch aus Holz, ersetzte man sie im 18. Jahrhundert durch Steinbauten. Früher gab es viele dieser Glockentürme. Dieser in Kihelkonna ist der letzte in Estland überhaupt.

Panga Cliff

Als letzte Station unserer Rundfahrt auf Saaremaa suchten wir uns das Pangacliff aus. Wie sich herausstellte, ist es wohl der schönste Platz auf der ganzen Insel. Der große Parkplatz Panga pank wurde erneuert. Er liegt direkt am Cliff. Der höchste Punkt der Steilküste misst 21,3m über dem Meeresspiegel. Senkrecht fällt die Küste ab. Dabei sind die verschiedenen Schichten des Silurzeitalters zu erkennen. Eine Infotafel am Parkplatz klärt darüber auf, was man vor sich hat. Während an anderen Steilküsten Saaremaas viele Fossilien aus dem Silur zu finden sind, hält sich die Ausbeute in Panga sehr in Grenzen. Es ist trotzdem ein unglaublich schöner Ort. Die Steilwand selbst ist 3km lang und umfasst die gesamte Spitze der Halbinsel Panga. Man kann an der oberen Kante der Steilwand entlanglaufen, durch einen niedrigen Kiefernwald mit Wäldern aus Storchenschnabel und vielen Orchideen, oder man genießt die Aussicht von unten die Wand hinauf. Neben zwei abenteuerlichen Abstiegen über Stricke und eine angelehnte Holzleiter, links vom Parkplatz, kann man auch den Weg vom kurz vorher befindlichen Kamtschatka Camp aus nehmen. Das Wasser ist glasklar.

„Mustjala Mustard“

Übernachtet haben wir auf dem sehr schönen Campingplatz in Tehumardi, kurz vor der Sölve Halbinsel, und auf dem Parkplatz am Cliff, der kostenfrei ist. Es ist wieder ein Punkt, von dem aus Sonnenauf- und Sonnenuntergang zu beobachten sind. Uns wurde ein Sonnenuntergang zuteil, der blutrot war, kein bisschen gold oder orange, nur blutrot. Unglaublich, aber er wirkte dadurch schon fast etwas bedrohlich. Trotzdem gab es einen wunderschönen nächsten Tag.
6km östlich von Panga, dort wo die Nebenstraße bei Pahapilli auf die größere Straße trifft, hat sich ein deutsches Paar niedergelassen. Sie verdienen sich ihre Brötchen mit dem Verkauf von selbstgemachtem Senf, Chutneys und Wacholdersirup. Ihre Marke heißt „Mustjala Mustard“ und probieren ist selbstverständlich. Wir interessierten uns für den Senf. Da werden Sorten mit Wacholder, Preiselbeeren, Aronia und vielem mehr angeboten, was in der Natur zu finden ist. Lecker sind alle Sorten und die Wahl fällt schwer.

Seekohl

Apropos Natur: die hat uns wieder einmal eine Bereicherung unseres Speiseplans beschert. Am kiesigen Strand bei Panga wachsen Wiesenkerbel, Sauerampfer, Wacholder und … Seekohl. Vom Seekohl, Meerkohl, die Pflanze hat viele Namen, hörten wir zum ersten Mal in dem englischen Buch „Food for Free“. Schon auf den Britischen Inseln hielten wir Ausschau, aber ohne Erfolg. Hier in Panga wächst der Seekohl vollkommen unerwartet. Die Pflanzen sind zu dieser Jahreszeit schon ziemlich alt und viele Teile sind bitter, aber die kleinen Blätter nahe der Blütenstände schmecken echt lecker. Wenn die Pflanzen jung sind, können alle Teile verwendet werden. Wir haben uns mit den jüngeren Blättern begnügt und ein schmackhaftes Essen daraus gemacht. Dieser Link führt zum Rezept.

Wie wir schon erwähnt haben, findet man an manchen Steilwänden Saaremaas Fossilien aus dem Silurzeitalter. Hier ein paar Beispiele, wie Muscheln, Korallen und Quarzknollen.

Fähre Piret

Nach neun wundervollen Tagen auf Saaremaa verließen wir die Insel mit der Fähre Töll. Auf halbem Weg begegnete uns die Fähre Piret, mit der wir auf die Insel kamen. Da war doch noch was? Der Große Töll und seine Frau Piret, das Riesenpärchen, welches auf Saarema lebte und den Menschen hilfreich war. Sie hinterließen sogar Spuren auf der Insel, wie Legenden berichten. Die Odalätsi Quellen im Nordosten sollen entstanden sein, als Töll mit dem Teufel kämpfte. Dort wo sie mit ihren Füßen auftraten, entstanden die Quellenlöcher. Der Koltsi See auf der Halbinsel Sölve entstand, nachdem sich Töll nach einem schweren Arbeitstag an dieser Stelle zum Ausruhen ins Moos legte. Zwei schöne Geschichten.

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