
Hadrianswall
Quer durch das ganze englische Land zieht sich ein zweitausend Jahre alter Wall. Die Römer begrenzten mit diesem gigantischen Bauwerk die nördlichste Front ihres Riesenreiches, das sich von hier über ganz Europa, Teile Asiens bis nach Nordafrika erstreckte. Genauer gesagt bauten drei römische Legionen, die 2., die 6. und die 20. Legion, sieben Jahre lang eine 120 km lange Grenze, die aus verschiedenen Bauwerken bestand. Vor der Mauer zog sich ein Wall- und Grabensystem durch die Landschaft, an dem Signaltürme in Sichtweite zueinander aufgestellt waren. Die Mauer selbst war bis zu 3,10m breit und bis zu 4,5m hoch. Alle 500 Meter wurde sie von Beobachtungstürmen durchbrochen, alle eine römische Meile (1,48km) befand sich ein Meilenfort, dazu gab es mehrere Wohnforts. Zusammen zählte der Wall 16 Forts mit 9000 römischen Soldaten. Annehmlichkeiten wie Bäder, Latrinen mit Wasserspülung und guter Küche waren selbstverständlich.
Auftraggeber dieses Bauwerks war der römische Kaiser Hadrian. Er besuchte 122 n.Chr. Britannien und befahl anschließend den Bau der Grenze zu den Barbaren, wie alle Bewohner außerhalb des römischen Reiches genannt wurden. Der Wall hatte bis zum Ende des Römerreiches um 410 n.Chr. Bestand.
Wir besuchten zuerst den westlichen, noch zum Teil erhaltenen Abschnitt des Hadrianswalls. Man erreicht ihn, wenn man von Brampton aus nordöstlich nach Lanercost fährt. Zuerst trifft man auf die Lanercost Priory, ein Kloster, das jedoch nicht römisch ist.

Bank East Turret.
Das erste Zeichen des Walls, mit einem winzigen Stück Mauer, ist ein Beobachtungsturm, der Bank East Turret. Von hier hat man eine schöne Aussicht auf das hügelige Land, mit dem Denton Fell im Hintergrund, einem hohen Gebirgszug.
Der nächste angegebene Punkt, der Pike Hill Signal Tower, ist anscheinend nur zu Fuß zu erreichen, denn an der Straße konnten wir ihn nicht finden. Nebenbei bemerkt, können diejenigen, die Zeit und Lust genug dafür haben, den Wall über seine ganze Länge zu Fuß erkunden.

Birdoswald Roman Fort
Der Straße weiter folgend, an weiteren Beobachtungstürmen vorbei, beginnt wieder ein langes Stück Mauer, welches bis zum Birdoswald Roman Fort führt. Mit dem English Heritage Pass, in dessen Besitz wir wie gesagt sind, konnten wir das Fort kostenlos besichtigen. Normalerweise kostet das 6,80 Pfund pro Person. Zu sehen sind Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, die auf Grundmauern des Forts errichtet wurden. Sie gehörten einst zu einer Farm, heute sind sie Museum und Jugendherberge. Hinter diesen Gebäuden sind ein paar Grundmauern des Westtores, einer Trainingshalle für die Infanterie und weiteren Gebäuden ausgegraben, sowie die Umfassungsmauern des Forts. Die Fläche dient als Schafweide und man muss aufpassen, wohin man seine Schritte setzt.

Poltross Burn Milecastle
Irgendwann stößt man auf die Straße B6318 Richtung Greenhead, der man ein Stück bis zu einem Parkplatz folgt. Rechterhand führt ein kurzer Wanderweg, abermals eine Schafweide und eine Bahntrasse überquerend, zum Poltross Burn Milecastle. Das ist ein etwas abenteuerlicher Weg, den auch die Langstreckenwanderer nehmen. In einiger Entfernung verläuft wieder der Hadrianswall, unauffällig und umzäunt. Das Fort liegt an einem steilen Hang, der zu einem Fluss hinunterführt. Ein Abstecher nach da unten lohnt ebenfalls, um sich kleine Wasserfälle und die Bahnbrücke anzusehen.

Willowfort
Vom genannten Parkplatz nach links führt ein Weg direkt am Wall entlang, eine halbe Meile weit, bis zum Willowford. Das ist heute eine Farm, die im Grunde aus einem römischen Wohnhaus erwuchs, welches sich ein römischer Soldat der 5. Kohorte der Centurie von Gellius Philippus dort baute. Ein Stück weiter dem Wall folgend, trifft man noch einmal auf einen Beobachtungsturm. Dann ist das 914 m lange Teilstück des Hadrianswalls zu Ende.

Barron House
Am zweiten Tag unserer Entdeckungsreise zum Hadrianswall erkundeten wir den östlichen Teil. Wir stehen auf einer Wiese in der Nähe von Gilsland, am Weg zum Barron House (11,- Pfund die Nacht mit Strom).

Thirlwall Castle
Zwischen der Wiese und Greenhead liegt ein Parkplatz, von dem aus das Thirlwall Castle zu finden ist. Es ist ein mächtiges Wohnhaus der Familie Thirlwall aus dem frühen 14. Jahrhundert, aus Steinen des Hadrianswalls gebaut. Eine Zeichnung zeigt, wie es wohl ausgesehen hat. Im Untergeschoss waren die Tiere untergebracht, darüber wohnte man und unter dem Dach befand sich der Schlafbereich. Meterdicke Mauern schützten die Bewohner vor Kälte und Wind und vor allem unwillkommenen Gästen.

Roman Army Museum
Als nächstes Ziel bietet sich das Roman Army Museum an. Da es nur 5,50 Pfund pro Person kostet, entschlossen wir uns zu dessen Besuch. Anschauliche Figuren, ausgestattet mit allem, was ein Römer braucht, empfangen die Besucher. Außerdem erzählt eine interaktive Tafel von der Entstehung und dem Zerfall des römischen Reiches. Einem Gang, der Zeitgeschichte einiger römischer Kaiser folgend, gelangt man in ein Kino. Dort wird ein halbstündiger 3D-Film über den Hadrianswall und das Leben der römischen Soldaten in den Forts gezeigt, unglaublich realistisch. Aus der Sicht eines Adlers blickt man dabei auf die Erde und erfährt, dass wesentlich mehr unter der Erde schlummert, als bisher ausgegraben wurde.
Die meisten Soldaten waren jedoch keine Römer, sondern Einwohner der eroberten Gebiete, die Dienst für das römische Reich tun mussten. Sie wurden für 25 Jahre verpflichtet und durften in dieser Zeit nicht in ihre Heimatdörfer zurück. Viele sahen ihre Heimat nie wieder. Hier am Nordende des römischen Reiches wurden die besten der Besten stationiert. Sie wurden neben dem Kampftraining auch trainiert, dem kalten und windigen Wetter in dieser Abgeschiedenheit zu trotzen.
Auf dem weiteren Weg durch das Museum sind ausgegrabene Relikte ausgestellt, sowie nachgebaute Waffen und Schilde. Man darf sogar einmal selbst versuchen, einen Bogen zu spannen. Dabei muss man genau die richtige Spannung erreichen, sonst fliegt der Pfeil zu kurz oder zu weit. Das Ergebnis des Selbstversuches wird auch gleich angezeigt und man kann versuchen, es besser zu machen.

Walltown Crags
Der spektakulärste Punkt des Hadrianswalls ist Walltown Crags. Schon im Film haben wir diesen Abschnitt von oben gesehen. Hier verläuft der Wall kilometerweit direkt an einer hohen Abbruchkante entlang, von einem Meilenfort unterbrochen. Die hügelige Landschaft ist grandios.
Wenn man nach rechts blickt, erkennt man den höchsten Punkt des Hadrianswalls, mit einem weißen Stein gekennzeichnet. Der Langstreckenwanderweg führt immer genau an der Mauer entlang.

Walltown Quarry
Nur einen Katzensprung entfernt findet man Walltown Quarry. Ein Steinbruch, der heute mit Grundwasser gefüllt ist und Enten eine Heimat gibt. Er liegt unterhalb der oben erwähnten Abbruchkante. Wir haben uns schon gefragt, woher die Römer die vielen Tonnen Steine gebracht haben. Jetzt haben wir die Antwort: aus nahegelegenen Steinbrüchen.

Cawfields Quarry
Ein paar wenige Meilen weiter liegt Cawfields Quarry, ein weiterer Steinbruch, von dem aus man wieder den Wall mit einem Meilenfort erreicht. Während das Wasser inzwischen überall im Lande eine dunkelbraune Farbe hat, ist dieses Wasser hier klar, denn es hat keinen Torf gesehen. Überall in der näheren Umgebung erkennt man, dass hier einmal Steine gebrochen wurden.

Housesteads Roman Fort
Das letzte Ziel für uns war das Housesteads Roman Fort. Es ist ein Fort, in dem der Kommandant des Hadrianswall mit seiner Familie und 800 Soldaten gelebt hat. Es gab ein Krankenhaus, ein Badehaus, das Wohnhaus des Kommandanten, das Hauptquartier, Backhaus und Werkstätten sowie Baracken für die 800 Soldaten, die in 8-Mann-Zimmern unterbracht waren. Das ganze war von einer Mauer umgeben, in die nach allen vier Himmelsrichtungen mächtige Tore eingebaut waren. Die Latrinen befanden sich in der südöstlichen Ecke. Außerhalb des Forts standen weitere Wohnhäuser. Es gab zudem zwei Brunnen und eine Kapelle.
Die ganze Anlage liegt auf einem Hügel mit wunderschönen Blicken nach allen Seiten. Wir fanden, es ist der zweitspektakulärste Platz am von uns besuchten Wallabschnitt.
Von allen empfohlen und dem Housesteads Roman Fort ähnlich ist Vindolanda. Da wir über dieses Fort schon im Roman Army Museum informiert wurden, nahmen wir von einem Besuch Vindolandas Abstand. Es ist einer der wichtigsten archäologischen Plätze Europas.
Da sich nun alles irgendwie wiederholt, brachen wir an dieser Stelle unsere Entdeckungsreise ab. Wir kamen zum Hadrianswall mit der Vorstellung, na ja, ein paar kleine Mauerstücken irgendwo in der Landschaft zu finden. Was wir fanden, war echte römische Geschichte, die dank der Museen lebendig wurde, und wir stießen auf jede Menge Spuren davon. Es ist eine unglaubliche Reise. Ich denke auch, dass der Wanderweg entlang des Hadrianswalls einer der schönsten und abwechslungsreichsten der ganzen Welt ist, da er zudem durch eine wunderschöne Landschaft führt, immer am Wall entlang, über Wiesen und Weiden, bergauf und bergab. Ein paar Stücke sind wir auch davon gelaufen.
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