Kaplanbek
Bisher lief alles relativ ruhig und entspannt ab. Was uns jedoch am Grenzübergang in Kaplanbek erwartete, ist als „unhaltbar“ zu bezeichnen. Zuerst setzte uns der Bus einen halben Kilometer vor der Grenze ab. Mit Sack und Pack stolperten wir auf einen ziemlich löchrigen und holprigen Fußweg voller Menschen bis zum Gebäude des kasachischen Zolls. Dort wurden wir aufgehalten. Die ankommenden Leute ließ man nur schubweise ein, denn irgendwie funktionierten wohl die Zollcomputer nicht recht.
Während wir so warteten und „Schlange“ standen, drängelten sich immer wieder Leute an uns vorbei und wollten vor uns rein. Hin und wieder sorgten Ordnungskräfte für Ordnung, was aber nicht viel half.
Als wir dann eingelassen wurden standen wir in mehreren Schlangen vor den Schaltern der Passkontrolle. Ganze zwei Schalter hatten geöffnet, bis sich dann doch jemand erbarmte, einen weiteren Schalter zu öffnen.
Nach dieser Kontrolle mussten wir zum Gebäude des usbekischen Zolls. Dazwischen liegt wieder ein halber Kilometer. Was wir bisher erlebten, war noch gar nichts gegen das, was uns hier erwartete. Wir haben in den letzten vierzig Jahren, die wir verreisen, so etwas noch nicht erlebt.
Entgegen den bisherigen Passkontrollschaltern, die alle nebeneinander liegen, befindet sich in der usbekischen Passkontrolle an der rechten Wand eine lange Theke, hinter der mehrere Zollbeamte sitzen. Die Grenzgänger stehen zwar in Schlangen an, an denen sich jedoch immer wieder Leute vorbei drängeln, um schneller durch die Kontrolle zu kommen.
Klaus suchte sich eine Schlange weiter hinten aus und war bald durch. Ich hatte auch überlegt mich weiter hinten anzustellen, entschied mich aber für die erste Reihe. Schon hatte ich mehrere Leute um mich, die sich vor mich kleines Persönchen drängeln wollten. Das ging eine ganze Weile so, bis mich ein Mann mit Gewalt beiseite schob. Da hatte ich genug und meinte nur, das es eine schöne Gastfreundschaft wäre, wenn man Touristen so behandelt. Ich sagte das zwar auf deutsch, aber der drängelnde Mann sah mich groß an und stellte sich hinter mich. Das hatte er wohl verstanden.
Nach einer gefühlten Ewigkeit stand ich endlich an der Theke und dachte, dass ich jetzt an der Reihe wäre. Weit gefehlt, denn der Beamte packte seine Sachen, zog sich an und machte einem Beamten Platz, der den Schalter übernehmen sollte. Das tat er im Zeitlupentempo, extra demonstrativ.
Als dann der neue Beamte seinen Dienst antrat, fragte er, wer der Nächste sei. Sein Vorgänger hielt es nicht für nötig, ihm zu sagen, dass ich das bin. So streckten sich ihm drei Pässe entgegen. Er wollte schon nach den Pass meiner Nachbarin greifen, die sich vehement neben mich gedrängelt hatte. Doch da meldete sich unverhofft der Mann hinter mir und meinte, dass ich jetzt an der Reihe wäre, wofür ich mich bei ihm bedankte.
Jetzt hatte ich zwar den Stempel im Pass, aber ich kam nicht mehr aus dem Pulk heraus. Mit vollem Körpereinsatz, Ellenbogen, meinem Trolley vorweg und ständigem „Entschuldigung“ (auf russisch) rufend, kämpfte ich mich durch die Menschentraube, die keinen Millimeter zurückweichen wollte.
Vollkommen entnervt hatte ich es irgendwann geschafft und kam zum ersten Kontrolleur, der den Stempel sehen wollte. Der guckte in meinen Pass und meinte dann, der Stempel ist nicht leserlich. Ich müsste zurück, mir einen neuen holen. Nach dem kräftezehrenden Erlebnis da drinnen? Nie im Leben gehe ich dorthin zurück. Der Verzweiflung nahe blieb ich einfach stehen und bedeutete ihm, dass ich mir das nicht noch einmal antue. Nach einer Weile akzeptierte er meinen Stempel und ließ mich durch.
Der zweite Kontrolleur stutzte zwar, ließ mich aber ebenfalls durch. Den dritten störte es nicht mehr und nach weiteren hundert Metern war ich in Usbekistan, wo die meisten Mitreisenden schon warteten. Es dauerte noch eine ganze Weile bis wir vollzählig waren und zum Busparkplatz gingen, immer noch mit Sack und Pack. Die ganze Grenzsache hat über eine Stunde gedauert. Es war spät und wir waren müde, aber von einem Bus nichts zu sehen. Eine Weile später hieß es, er steht im Stau. Es verging fast eine weitere Stunde, bis er endlich kam und wir nach Taschkent aufbrachen.
Es war ein langer Tag, von 6.30 Uhr bis 22 Uhr, als wir im Hotel ankamen.



































