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Rückfahrt nach Bischkek

Am frühen Morgen im Jurtencamp, nach dem Aufstehen und dem Blick über den Yssykul, konnten wir halbwegs gut die schneebedeckten Gipfel des Tian Shan-Gebirges am gegenüberliegenden Ufer sehen. In halber Höhe zogen Wolkenbänder daran vorbei, so dass wir den unteren Bereich der Berge und deren Gipfel erkennen konnten. Das Ganze war in blaues Morgenlicht getaucht, wie wir es im Herbst am Gardasee erleben durften. Sehr schön.

Nach dem Frühstück packten wir unsere Koffer, verluden sie im Bus und fuhren zurück nach Bischkek. Die lange Fahrt über die Baustellenstraße nach Ottuk verkrafteten wir ausgeruht wesentlich besser als gestern Nachmittag, als wir schon fast den ganzen Tag unterwegs und kaum noch aufnahmefähig waren.
Wir bewunderten die Landschaft, die Ortschaften, die Felsformationen, den Yssykul und die Schafherden. Die Sonne kam langsam heraus.

Nach der guten halben Strecke in Richtung Ottuk kamen wir am Ort Kycyl Tuu vorbei. Während es früher viele Jurtenhersteller gab, sind es heute nur noch wenige. Einer davon ist der Jurtenhersteller in Kycyl Tuu. Im Felt House können die Besucher das Entstehen einer Jurte beobachten. Wir fuhren leider daran vorbei, konnten nur das Ortseingangsschild von der Straße aus sehen.

Auffallend sind die Friedhöfe entlang der Straße. Die Gräber stammen aus einer langen Zeitspanne, von uralt bis neu. Da es muslimische Gräber sind, dürfen sie nicht weggemacht werden. Die meisten von ihnen zerfallen irgendwann. Der Aushub für die Gräber wird nach der Bestattung wieder oben drauf geschichtet, verdichtet sich jedoch mit der Zeit wieder. Geschmückt wird das Grab, je nach Geldbeutel und Ansehen der Person, entweder schlicht oder prächtig. Auf vielen Gräbern stehen jurtenähnliche Gebilde, aber auch verschiedene Mausoleen. Die Gräber aus der Sowjetzeit sind meist gleich zu erkennen, heute stellt man einfach nur Stelen auf. Das ist schon sehr interessant.

Ebenso sehenswert sind die kleinen Moscheen der Dörfer, die meist von sehr schönen Kuppeln gekrönt werden.

Die Mittagspause legten wir wieder im Shibek-Sholu im Tschui-Tal ein. Diesmal aßen auch wir etwas am Selbstbedienungsbuffet, dazu tranken wir einen für diese Gegend typischen Sanddorntee. Sanddorntee im Gebirge, weit weg vom Meer? Das ist doch sehr überraschend für uns, aber lecker.

Das erste große Ziel der Rückfahrt war der Burana-Komplex südlich von Tokmok. Es ist ein archäologischer Park mit verschiedenen Bereichen.

Im 10. bis 12. Jahrhundert existierte der Karachanidenstaat im heutigen Mittelasien, also auch auf dem Gebiet Kirgistans. Er reichte von Fluss Ili im Osten bis zum Fluss Amudarja im Westen. Die Karachaniden-Dynastie entwickelte Landwirtschaft, Bergbau, Handwerk und Handel weiter und sorgte für die Verbreitung des Islam. Es entstanden neue Städte und Siedlungen. Die Siedlung Balasagyn (Burana) wurde zur Hauptstadt des Karachanidenreiches. Die Karachaniden waren ein turkstämmiges Volk. Heute ist die antike Siedlung Burana Weltkulturerbe. Außer dem Burana-Turm, Resten der doppelten Wehrmauer, ein paar Kellerräumen, kaum noch als solche zu erkennen, und archäologischen Ausgrabungsgegenständen ist jedoch nichts mehr erhalten.

Der Burana-Turm wurde in den 1920er Jahren unter Schutz gestellt und 1970 bis 1974 restauriert und konserviert. Er ist eines der ältesten Bauwerke Zentralasiens. Ursprünglich war der Turm wohl mehr als vierzig Meter hoch, aber Erdbeben haben den oberen Teil des Turms zerstört.

Auf dem Burana-Gelände stehen auch viele Grabsteine, die aus dem 14. bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhundert stammen. Teilweise sind arabische Inschriften eingraviert, teilweise auch Menschen oder Gesichter. Manche Steine wurden auch zu Skulpturen umgestaltet.

In einer traditionellen Jurte ist das archäologische Museum untergebracht. Hier sind verschiedene Gegenstände aus dem 10.-12. und 17.-20. Jahrhundert ausgestellt, wie verschiedene Steinwerkzeuge, Mühlsteine oder Alltagsgegenstände aus Holz und Metall. Teppiche und Decken mit traditionellen kirgisischen Mustern sind ebenfalls zu bewundern.

Außerhalb der Stadtmauer stehen die Reste der Mausoleen ehemaliger karachanidischer Herrscher aus dem 11. Jahrhundert. Die verbliebenen Grundmauern wurden 1975 rekonstruiert.

Nach dem Besuch Buranas, bei dem wir uns etwas die Beine vertreten konnten, fuhren wir zum nächsten Tagesziel: kirgisische Reitervorführungen. Auf dem Weg dorthin fuhren wir durch das Dorf „Rot Front“. Es wurde 1927 von mehreren Familien deutschsprachiger Russlandmennoniten gegründet. Sie kamen aus den kirgisisch-kasachischen Grenzgebiet. Da dort das Land knapp geworden war, mussten sie neue Siedlungsräume erschließen. Zuerst hieß das Dorf Bergtal, 1930 wurde es offiziell zu Rot Front umbenannt. Inzwischen leben wohl nur noch ca. 20 Prozent der Russlandmennoniten dort. Sie haben den Namen Bergtal beibehalten.

Leider kann ich nicht sagen, wo genau die Reitervorführung stattfand. Auf jeden Fall befanden wir uns in den Bergen südlich von Bischkek. Der Platz ist mit dem Schild „Saamal Tujuk“ bezeichnet. Es hatte gerade geregnet und der Boden war durchgeweicht. Unter einem Dach fanden wir Schutz.

Das traditionelle Reiterspiel, welches wir uns ansahen, wird mit jeweils drei Reitern in zwei Mannschaften ausgetragen. Dazu gibt es einen Schiedsrichter, der die kirgisische Fahne trägt. Gegenstand des Spieles ist ein Ziegenbalg, der mit Sand und Stroh gefüllt wird und dreißig Kilogramm wiegt. Das ist richtig schwer. Inzwischen, auf Grund der zahlreichen Vorführungen, hat man den Ziegenbalg durch ein Stück Leder und Seile ersetzt, die die Beine imitieren.

Ziel des Spiels ist es, den Balg in das kleine runde Tor zu bugsieren, welches durch ein Seil oder Reifen gekennzeichnet ist.

Der Schiedsrichter bringt den Balg ein Stück weg. Auf „Los“ reiten die Teilnehmer los. Der Schnellste greift sich den Balg und versucht nun, diesen in das Tor zu bringen. Die gegnerische Mannschaft versucht das natürlich zu verhindern oder selbst zum Zuge zu kommen.

Die ersten Durchgänge waren nur Geplänkel, aber beim letzten Kampf ging es richtig zur Sache. Keine der beiden Mannschaften konnte den Balg im Tor platzieren. Mensch und Pferd werden voll gefordert. Sogar die Pferde besitzen Kampfgeist und raufen mit. Mit der Zeit ließen bei allen Teilnehmern die Kräfte nach. Wie gesagt, der Balg wiegt 30 Kilogramm. Der Besitzer des Balgs klemmt ihn zwar zwischen Schenkel und Pferd, so dass er nicht das gesamte Gewicht halten muss, anstrengend ist es trotzdem.

Irgendwann schaffte es doch jemand, den Balg im Tor abzulegen. Bei Mensch und Pferd floss der Schweiß, alle waren fertig. Für uns war es ein Erlebnis. Zum Abschluss schoss unsere Reiseleiterin Uli noch ein Gruppenfoto vor dem Hintergrund der Berge.

Mit unseren dreckverschmierten Schuhen stiegen wir in den nagelneuen Bus, zum Leidwesen des Fahrers, und fuhren nun weiter durch eine grüne Berglandschaft. Auf der Passhöhe von 1200 Metern, ein Schild nennt den Platz „Tashtany Tashtabagyn“, stiegen wir noch einmal für den schönen Blick aus. Wir befanden uns schon ganz in der Nähe der oberen Stadt von Bischkek.

Nun kehrten wir bei einer kirgisischen Familie zum Abendessen ein. Die Tische waren reich mit Salaten, Rohkost und Brot als Vorspeisen gedeckt. Als Hauptgericht gab es geschmortes Rindfleisch mit Kohl und Kartoffeln. Zum Abschluss schenkte man Tee aus, den man mit der traditionellen Himbeermarmelade oder Honig verfeinern konnte. Gebäck und Süßigkeiten bildeten den Abschluss. Es schmeckte alles hervorragend. Es ging zwar etwas beengt zu, trotzdem hatten wir unseren Spaß.

Nach dem Abendessen kehrten wir in das Damas-Hotel in Bischkek zurück, welches wir gestern früh verlassen hatten. Wir bekamen sogar unser altes Zimmer wieder.

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