Oberländischer Kanal
Sowie man ihn zu Gesicht bekommt, hat der Kanal einen auch schon in seinen Bann gezogen. Es ist einfach geniale Technik, dazu sehr einfach und nur durch die Kraft des Wassers betrieben. 1860 in Betrieb genommen, verbindet er Ostróda (Osterode), die oberländischen Seen und Elbląg. Der Kanal ist um die 37km lang. Im zentralen Abschnitt, südwestlich von Pasłęk, wartet der Kanal mit einer Besonderheit auf, eigentlich mit fünf Besonderheiten. An fünf Stellen werden die Schiffe auf Schienen über Berge gezogen. Dafür werden die Schiffe auf Loren verladen, die die Schiffe über Land bis zum nächsten Kanalabschnitt befördern. Der Höhenunterschied beträgt dabei insgesamt 104m.
Der einzige Campingplatz, am Kanal oder in dessen Nähe, befindet sich am Fuße des obersten Berges. Wir suchten uns einen Stellplatz direkt am Geschehen. Wir richteten uns gerade noch ein, als auch schon Besuch vor der Türe stand. Ein Mann in Schifffahrts-Uniform lud uns zu einer Fahrt ein. Für 70,-Zl pro Person könnten wir gleich heute auf ein Schiff steigen und die Fahrt bergab machen. Später kam er noch einmal und meinte, wir könnten für den gleichen Preis runter und hoch fahren. Das würde vier Stunden dauern. Heute war so schönes Wetter, da würde die Fahrt sicher Spaß machen. Interessant wäre sie in jedem Fall. Wir sagten zu.
Eine dreiviertel Stunde vor Abfahrt gingen wir den letzten Berg nach oben, um am Startpunkt auf das Schiff, die „Marabut“, zu steigen. So bekamen wir die besten Plätze auf dem Sonnendeck. Um 14.15 Uhr ging es los, rauf auf die Lore, runter den Berg, runter von der Lore. Dann folgt eine gemütliche Fahrt den Kanal entlang, bis zum nächsten Berg. Das geschah dreimal. Nach zwei Stunden drehte das Schiff kurz vor dem vierten Berg um und fuhr die Strecke wieder bergauf zurück.
Auf dieser Fahrt wird das Funktionsprinzip des Oberländischen Kanals deutlich. Jeder Berg besitzt seine eigene Technik. Die Seile, die die Loren auf Schienen bewegen, werden durch ein großes Wasserrad angetrieben. Dieses wiederum wird durch einen Wasserstrom bewegt, der aus dem Kanal abgezweigt wird. Das Wasser fällt in einem Schacht nach unten und wird zum Wasserrad geleitet. Nachdem es das Wasserrad passiert hat, verlässt es das Maschinenhaus durch einen Bypass, der parallel zum Kanal verläuft. Der Bypass entlässt das Wasser dann unterhalb des Berges in den nächsten Abschnitt des Oberländischen Kanals. Zwei Loren laufen zur gleichen Zeit bergauf bzw. bergab. Wartet ein Schiff auf den Transport, wird es mitgenommen, ist kein Schiff da, fährt die Lore leer. Ist der Transfer abgeschlossen, wird die Wasserzufuhr zum Wasserrad gestoppt und erst wieder in Gang gesetzt, wenn der nächste Transfer ansteht. Die ganze Sache ist so simpel, dass es praktisch keinen technischen Ausfall geben kann.
Die Schifffahrt auf dem Oberländischen Kanal ist eine Mischung aus Action und Entspannung, die direkt in einer tollen Landschaft und Natur abläuft. Es ist wirklich ein Erlebnis.