Kastell Lazar
Als letztes Ziel dieser Fahrt durch Rumänien suchten wir uns die Wehrburg Lazar in Lazarea aus. Wenn man in Siebenbürgen ist, sollte man unbedingt eine der zahlreichen Wehrburgen besuchen, die typisch sind, für diesen Landstrich. Lazarea lag auf unserem Weg, so dass wir nicht anders konnten. Wir fanden sogar einen Parkplatz für das Wohnmobil vor der Burg.
Eine Frau kam uns beim Betreten entgegen und hieß uns willkommen. Wir sprachen sie in Englisch an, aber sie meinte, dass sie kein Englisch versteht, nur Deutsch. Das war eine Überraschung. In Siebenbürgen sollen noch einige deutschstämmige Leute leben, aber Deutsch sprach bisher noch niemand auf unserem Weg. Umso unverständlicher war das für uns, als wir gerade in einem Gebiet unterwegs waren, in welchem fast alles zuerst in Ungarisch und dann in Rumänisch geschrieben ist. In Rumänien leben über 2 Millionen Ungarn. Sie bilden damit die größte Minderheit im Land.
Wir bezahlten den Eintritt von 3,-€ bei ihr und sie lieh uns ein Büchlein, in dem die Geschichte der Burg geschrieben steht. Der Besuch der Burg ist erst seit wenigen Jahren möglich. Vorher wurde soviel rekonstruiert, dass sich ein Besuch lohnt.
Man betritt die Burg durch den ältesten Teil, dem Tor aus dem Jahre 1302. Die Burg selbst ist von einer Mauer umgeben, mit drei Beobachtungstürmen an den Ecken, einem Damenhaus, dem Herrenhaus auf der vierten Ecke und einem kleinen Gefängnisbau. Die Burg wurde gebaut und bis Ende des 18. Jahrhundert hindurch bewohnt, von der reichen ungarischen, weit bekannten und einflussreichen katholischen Familie Szarhegy. Im Laufe der Jahrhunderte baute man die Burg mehrfach um. Dann verfiel sie und nun wird sie rekonstruiert.
Wir besichtigten zuerst das Torgebäude. Hier ist auf zwei Etagen eine kleine Ausstellung untergebracht, über die Lebensweise der Menschen in diesem Gebiet zu früheren Zeiten. Stickereien waren, und sind, traditionell sehr in Mode. Die Öfen sind mit bunt bemalten Kacheln oder Kacheln mit dem Relief eines Reiters verkleidet. Die Fenster sind mit kunstvoll verzierten schmiedeeisernen Gittern versehen und die hölzernen Decken mit Malereien ausgestattet.
Im Innenhof steht das Gefängnisgebäude. Die obere Etage diente dem Wachpersonal. Vom Erdgeschoss aus stieß man die Gefangenen hinunter ins Verlies. Das war bestimmt nicht lustig dort unten.
Das Damenhaus in der rechten hinteren Ecke der Burg ist noch eine Ruine. Es wurde mit Feldsteinen und Ziegeln errichtet und man kann stellenweise noch die Verzierungen im Putz erkennen.
Das Herrenhaus ist vollständig rekonstruiert und beherbergt auch einen Rittersaal oder Versammlungsraum mit zwei langen Tischreihen. Der Boden ist mit weißen und roten Marmorplatten ausgelegt. Eine Holzbalkendecke bildet den Abschluss.
Durch die hintere Wand gelangt man in einen weiteren Raum, von dem eine Holztreppe nach oben führt. Dort befindet sich ein weiterer langer Raum, in dem eigentlich die Dachkonstruktion die Hauptrolle spielt.
Über eine letzte Treppe erreicht man die Beobachtungsplattform, von der der Blick in alle vier Richtungen schweifen kann. Man überblickt die gesamte Burg, das Umland und das naheliegende Franziskanerkloster von Lazarea. Da hat sich die Familie Szarhegy ein schönes Stück Land ausgesucht.
Ich muss noch erwähnen, dass die Beschilderungen der Ausstellungsstücke komplett in ungarisch sind, was uns ein weiteres Mal staunen ließ. Rumänisch? Fehlanzeige.
Nach diesem Besuch setzten wir unsere Fahrt zurück nach Bistritz fort. Bei Google fand ich noch einen Wasserfall in Toplitz, der ebenfalls an unserer Route lag. Den wollte ich mir noch ansehen.
Es stellte sich heraus, dass dieser Wasserfall von Thermalwasser gebildet wurde und wird. Es soll eine Temperatur von 27 Grad Celsius haben, aber als wir die Hand ins Wasser hielten, merkten wir nichts davon.
Das Thermalwasser fließt über Travertingestein. Beides zusammen bewirkt, dass der Wasserfall „wächst“. Das haben wir schon bei Hillesheim in der Eifel gesehen. Die Mineralien im Wasser lagern sich im und auf dem Travertin ab und der Wasserfall nimmt stetig an Volumen zu. Auf einer Informationstafel sieht man, dass es an dieser Stelle 1868 noch eine Wassermühle gab. 1913 war diese abgebaut und seitdem fließt das Wasser frei und tut sein Werk. Unglaublich, in welcher Schnelligkeit der Wasserfall seine heutige Größe erreicht hat. Inzwischen haben sich auch seltene Pflanzen dort angesiedelt.
Von Toplitz nach Reghin (Reen) fährt man immer am Fluss Mieresch entlang, durch eine schöne Landschaft. In Reghin bogen wir nach Bistritz ab, via Teaca. Die Landschaft ist hügelig, übersichtlich, manchmal karg, also abwechslungsreich.
Vor gut zwei Wochen starteten wir unsere Rundreise durch Rumänien in Bistritz. Nach 8872 Kilometern sind wir nun wieder zurück. Rumänien ist ein erstaunliches Land: Das Leben läuft in aller Ruhe ab, es ist landschaftlich sehr abwechslungsreich und schön, die Menschen sind hilfsbereit und freundlich, die Wirtschaft ist im Aufbruch begriffen. Die Infrastruktur für Wohnmobile lässt noch den ein oder anderen Wunsch offen, aber man kann überall stehen und übernachten. Wir waren neugierig auf das Land Rumänien und waren überrascht von dem, was wir gesehen und erlebt haben. Die Fahrt war oft anstrengend, wegen der vielen Serpentinen in den zahlreichen Bergen, den Auf- und Abfahrten, aber die Landschaften haben uns immer wieder entschädigt.
Leider haben wir nur die Hälfte von dem gesehen, was wir auf der Karte vermerkt hatten. Deshalb wollen wir versuchen, noch eine zweite Rundreise zu unternehmen, z.B. mit dem Besuch des Donaudeltas.