Mendocino County – Kalifornien
In endlosen Kurven, bergauf, bergab, jedoch keine mehrere tausend Fuß mehr, erreichten wir die Pazifische Küste erneut. Wir sind auf den Highway Nr. 1 abgebogen und werden ihm nun an der Küste entlang folgen. An jeder Ecke eröffnen sich dem Reisenden neue Ansichten, so dass man an fast jedem Aussichtspunkt halten muss, um die grandiosen Kulissen zu bestaunen.
Entgegen unseren Erwartungen, was die Übernachtungsmöglichkeiten betrifft, fanden wir doch eine kleinere Bucht, in der wir über Nacht stehen bleiben konnten. Ich glaube, dass war das erste Mal in den USA überhaupt, dass wir keinen Campingplatz oder Parkplatz angefahren haben, sondern so stehen konnten, wie sich ein Camper das wünscht. Unsere Nachbarn waren ein paar „Freigeister“ mit einem schön bunt bemalten VW Bully T3 und ein kanadisches Pärchen aus British Columbia mit einem Pickup-Camper, das auf einer 3-wöchigen Urlaubsreise entlang der Küste ist. Im Sand des Strandes fanden wir auch wieder diese merkwürdigen, urzeitlich anmutenden Krebse, auf die wir schon an der Ostküste in Myrtle Beach gestoßen waren.
In Fort Bragg gibt es einen Strand, der mehr rundgeschliffene, bunte Glassteine aufweist als Sand. Der Glasstrand wurde von 1949 an viele Jahre lang als Müllplatz benutzt, worunter sich auch sehr viel Glas befand. Später wurde der Strand gesäubert. Diese Aktion war 1967 abgeschlossen, aber nicht alles Glas konnte entfernt werden, so dass die Zeit und die Wellen die Glasüberreste weiter zerkleinert und rundgeschliffen haben. Heute ist dieser Strand eine Attraktion, auch deshalb, weil kein Glassteinchen bei Strafe vom Strand entfernt werden darf. Auf einem vorgelagerten Felsen lagen Hafenrobben mit ein paar Jungen.
Fort Bragg wurde als militärischer Außenposten für das Mendocino Indianer Reservat in den 1850ern gegründet und ist heute die größte Stadt an der Mendocino Küste. Von Fort Bragg gab es eine Bahnverbindung nach Willits am Highway 101. Der Skunk Train fährt heute seine Gäste in verschiedenen Touren durch die Redwoodwälder und zu anderen Sehenswürdigkeiten an der Strecke.
Noyo Harbour ist ein noch aktives Hafengelände mit kleinen Werften und Fischereien. Von hier aus starten in der Saison, Dezember bis April, Walbeobachtungstouren. Hochseefischerei kann gebucht werden oder man kann Abalones suchen, wenn man sich die entsprechende Lizenz besorgt hat. Die auch als Seeohren bekannten Muscheln müssen schon eine stattliche Größe aufweisen, um „geerntet“ werden zu dürfen. Aus den bunt schillernden Schalen wird der begehrte Schmuck hergestellt und das Fleisch soll delikat sein. Auf meine Frage, warum ich noch nie Abalone auf irgendeiner Speisekarte gesehen habe, sagte uns jemand, dass es gesetzlich verboten ist, die Muscheln zu verkaufen. Man kann sie an jeden anderen Menschen weitergeben, darf sie aber nicht verkaufen. Deshalb dürfen diese Muscheln nicht in Restaurants angeboten werden. Es gibt jetzt zwar in Südkalifornien eine Abalone Zucht, die dann auch verkaufen darf, dass ist jedoch noch viel zu wenig. Abalone Muscheln findet man besonders an dem Küstenabschnitt um Fort Bragg und jede Menge Leute fahren mit Schnorchelausrüstung aufs Meer, um sich die Muscheln zu holen. Tauchausrüstung ist verboten, damit die Bestände geschont werden.
Zum Angebot in Noyo Harbour gehören frisch gefangene, große Felsenkrabben. Jetzt mussten wir einfach eine von denen probieren. Nachdem wir gefragt haben, wie und was man von diesen Krabben essen kann, bezahlten wir 15,-$ und nahmen eine Krabbe zum Abendbrot mit, gekocht selbstverständlich. Der Krabbenpanzer hatte einen Durchmesser von 19 cm und das Fleisch schmeckt wie Hummer, genauso zart und aromatisch, wenn nur diese Puhlerei nicht wäre.
Rhododendren und Azaleen in den schönsten Farben, bunte und exotische Gartenblumen und -pflanzen, kleine Eukalyptuswäldchen, sattes Grün und das Blau des Meeres, hier muss das Paradies sein. Mendocino ist dann der Garten Eden, weil es wohl das idyllischste kleine Städtchen auf der Welt ist. Kaum haben wir etwas Schöneres gesehen. Zwei Grauwale hielten sich in der Bucht auf, immer wieder treffen wir auf Seelöwen und Hafenrobben.
Zwischen Anchor Bay und Gualala liegt ziemlich einsam ein ganz schmuckes Hotel. Das St. Orres sieht aus wie eine Außenresidenz des russischen Zaren, alles aus Redwoodholz und mit Zwiebeltürmchen. Die ganze Gegend um Fort Ross herum war im frühen 19. Jahrhundert russisches Siedlungsgebiet. Vor allem russische Seeotterjäger hatten hier ihr Revier. Zu dieser Zeit kam ein anscheinend wohlhabender Russe namens George St. Ores und ließ sich dieses Anwesen bauen. 1929 wurde es zum Hotel mit einem Dinerraum, einem Laden und einer angeschlossenen Tankstelle umfunktionert. 1971 fanden sich drei alte Freunde zusammen, die dann all ihre Kraft und ihr Geld in das Anwesen steckten und 1977 das Nobelhotel St. Orres Inn eröffneten.