Roselle
Nachdem wir nun die wohl besterhaltene Nekropole der Etrusker (Monterozzi in Tarquinia) gesehen haben, wollten wir auch die besterhaltene Stadt dieses vorrömischen Volkes kennenlernen. Die ist bei Roselle zu finden, in der toskanischen Provinz Maremma.
Kurz hinter Rom befuhren wir die römische Straße Via Aurelia, die entlang der Mittelmeerküste ans westliche Ende ihres Reiches führte. Das heißt, man kann auf der Via Aurelia (SS1) heute noch bis Frankreich und an dessen Küste entlang weiterfahren. Bei Grosetto biegt dann eine Straße nach Roselle ab, der man noch etwa 5km weit folgt. Sie endet irgendwo in der Landschaft, am Fuße eines Hügels.
Auf den letzten zweihundert Metern durchquert man die Nekropole von Roselle. Diese Straße liegt in etwa über der originalen etruskischen Straße. Oberhalb des Museumseinganges liegt das originale Pflaster offen. Es gehört zu einem Fernwanderweg durch das ehemalige etruskische Land.
In Roselle fanden wir, was wir in Tarqiunia vermisst hatten: ein Tumulus-Grab. Das Innere ist jedoch nicht begehbar. Einige Meter weiter liegen am Straßenrand, unter Baumwurzeln begraben, weitere etruskische Grabkammern, die freigelegt wurden. Sie sind viel kleiner und fast alle zerstört, von Grabmalereien keine Spur. Das Prinzip dahinter ist jedoch klar zu erkennen.
Die Nekropole soll die gesamte Stadt außerhalb der Stadtmauer umschließen. Alle Arten von Gräbern sind da zu finden, das berichtet eine aufgestellte Tafel am Tumulus.
Der Eintritt in die wohl eindrucksvollsten Ruinen einer ganzen Stadt, samt 3km langer, fast gänzlich erhaltener Stadtmauer, kostet 4,-€. Im Gegensatz zu den 6,- bis 10,-€, die normalerweise verlangt werden, ist das ein Schnäppchen. Es ist eine wirklich unglaublich schöne und interessante Ausgrabungsstätte. Sie führt allerdings in zwei Vergangenheiten, die römische und die etruskische.
Die Stadtmauer ist ca. 5m hoch, umschließt auf 3km Länge zwei Hügel und besteht aus einem gewaltigen Zyklopenmauerwerk. Wie haben die damals nur diese riesigen Steine bewegt? In einigen dieser Kalksteine sind größere Einschlüsse von Eisenerz und Kupfererz zu finden.
Die Etrusker handelten damals mit diesen und anderen Metallen, die sie aus dem Boden holten und verarbeiteten. In Roselle geschah das im Handwerkerviertel oberhalb der alten Stadt, aber innerhalb der Stadtmauer. Bisher grub man nur einen kleinen Abschnitt davon aus, bei dem man auch Brennöfen fand. Die Römer überbauten bei ihrer Ankunft im 4. Jahrhundert das etruskische Handwerkerviertel mit einer Schotterstraße und Wohngebäuden rechts und links davon. Mehrere Brunnen gehören zum Gelände.
Zwischen dem Handwerkerviertel und der Stadt befand sich die relativ große Zisterne. Sie bestand aus zwei unterirdischen Bogengängen. In der Mittelwand sind Öffnungen eingelassen. Die Bögen der Decke setzen sich aus vielen kleinen eckig behauenen Steinen zusammen, die mit Mörtel verbunden wurden. Keine Ahnung, wie das gehalten hat. Heute benutzt man Schlusssteine und zumindest Ziegel, um Halt in den Bogen zu bekommen.
Unterhalb der Zisterne beginnt das ausgegrabene antike Stadtzentrum, beginnend mit einem riesigen römischen Wohnhaus. Es besitzt unzählige Zimmer mit Mosaikfußböden, Gängen und zwei Badezimmern, die sich rund um ein Atrium gruppieren.
Sogar ein eigener kleiner Tempel gehört zu solch einen typischen römischen Wohnhaus. Die Aussicht vom Garten auf die unterhalb liegende Ebene und die Küste ist atemberaubend.
Im Pflaster der Straße, die an dem Wohnhaus entlang führt, sind noch die Spurrillen der Wagen zu sehen, die sich den Berg hinauf quälten.
Vom oberen Ende des Wohnhauses aus hat man einen schönen Blick über fast die gesamte Ausgrabungsstätte, den südlichen Hügel hinunter in das Tal, wo sich das Forum befand, und auf der anderen, der nördlichen Seite wieder hinauf.
Unterhalb des Wohnhauses schloss sich das römische Forum an, der Platz, auf dem sich das öffentliche Leben abspielte und große Entscheidungen für die Stadt getroffen wurden. Dieser Platz wurde von Tempeln und öffentlichen Gebäuden umschlossen.
Jetzt kommt man zum nördlichen Forum mit der Basilika und öffentlichen Versammlungsräumen. Hier hat man etwas tiefer gegraben und etruskische Mauern gefunden, die vom römischen Forum überbaut wurden. Die meisten römischen Bauten stammen aus dem 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Die Etruskerbauten sind dagegen aus dem 7.-6. Jahrhundert v.Chr.
Rechter Hand, nachdem man sich am nördlichen Forum umgesehen hat, sind die Thermen zu finden. Ein großes Wasserbecken ist noch komplett erhalten.
Auf dem Weg zu den Thermen kommt man an den Kaufmannsläden vorbei, an denen wiederum eine mit Wagenradspuren gezeichnete Pflasterstraße verläuft. Ist das alles aufregend! Fast hat man das Gefühl mittendrin im römischen Leben zu sein.
Nun steigt man den nördlichen Hügel hinauf, genießt noch einmal die Aussicht über die Stadt von der anderen Seite aus, und erreicht dann zuerst eine Art Empfangsgebäude für das Amphitheater. Man zieht Parallelen mit dem heutigen Kino, in dem man zuerst an allerlei Kiosken und Souvenirgeschäften vorbei muss, bevor man die eigentlichen Räume betreten darf.
Dann betritt man durch ein Tor das große elliptische Amphitheater. Direkt gegenüber befindet sich ein gleiches Tor. Rechts und links sind Einfahrten zu erkennen. Über der 7m hohen umlaufenden Mauer, mit kleinen diagonal stehenden Kopfsteinen verziert, waren die Zuschauerränge. Auf 7 Rängen fanden 1200 Zuschauer Platz. Die Arena ist fast 40m lang und 25m breit.
Schon die Etruksker hatten an dieser Stelle ein Theater errichtet, welches die Römer dann überbauten. Das „Empfangsgebäude“ stammt noch aus dem 7. Jahrhundert v.Chr.
Wenn man vom Forum aus in Richtung Museumseingang geht, spaziert man an der originalen Römerstraße entlang, die in die Stadt Roselle führte. Am unteren Ende der Straße stand ein großer rechteckiger Brunnen. Gegenüber liegen noch die Überreste einer weiteren kleinen Therme.
Wir haben also für nur 4.-€ eine ganze antike Stadt besichtigt, Geschichte erfasst und Aussichten genossen. Es war ein großartiges Erlebnis.
Unser Womo haben wir bei der großen Eni-Tankstelle im Osten von Grosetto an der SP154 stehen. Für eine Nacht war das ok.