Torre del Lago Puccini
Im letzten Beitrag über Lucca habe ich geschrieben, dass hier eine Überraschung auf uns wartet. Den Tipp haben wir von unseren lieben Kiwis Sarah und Jason bekommen, mit denen wir mehrere Wochen in Giardini-Naxos auf Sizilien verbrachten. Thank you so much for this great experience.
Wir standen auf dem großen Parkplatz am Kreisverkehr von Torre del Lago Puccini. Der Ort besteht nur aus Großbädern und Restaurants, keine Hotels, nicht einmal Fereinhäuser. Die Strandstraße ist um einen Kilometer lang. Im Anschluss an diese Straße im Norden führt ein Wanderweg durch die Dünen bis nach Viareggio. Wie es aussieht ist dieser Wanderweg die originale Römerstraße Via Aurelia, mit dem typischen Schotterpflaster, welches wir schon in Roselle gesehen haben.
Der Strand hier ist kilometerlang, mit feinem Sand. Treibholzfans finden an diesem Strand ihr Paradies. So viel schönes Treibholz wie in Torre del Lago Puccini haben wir noch nirgends in Italien/Sizilien gesehen.
Nun will ich Euch aber nicht länger auf die Folter spannen. Was für eine Überraschung wartete denn nun auf uns? Erst muss es dunkel werden. In den Sonnenuntergang hatte sich mal wieder Saharasand gemischt und alles in difusem goldgelbem Licht erscheinen lassen.
Die Nacht hatte gerade begonnen. Leise und unbemerkt lösten sich Schatten aus dem Dunkel. Wir lagen selbstverständlich schon auf der Lauer und warteten. Kein Licht im Wohnmobil, keine Jalousien vor den Fenstern, nur das Licht vom Parkplatz spendete etwas Helligkeit.
Ja, ja, ich sag es ja schon: Es sind Wildschweine, die jeden Abend aus dem kilometerlangen Park zwischen SS1 und Strand kommen. Vorsichtig suchten die Bache mit ihren fünf fast einjährigen Jungen nach Fressbarem, direkt vor unseren Augen. Eine gute viertel Stunde sahen wir uns das Schauspiel an und versuchten zu fotografieren. Leider sind unsere Kameras nicht wirklich für Nachtaufnahmen geeignet, trotzdem konnten wir das ein oder andere brauchbare Foto machen.
Dann fuhr ein Auto vor und stoppte fast direkt zwischen uns und den Wildschweinen. Ich war schon sauer, aber schnell stellte sich heraus, dass die Leute die Wildschweine mit Maiskörnern füttern. Während die Schweine vorher bei größeren Bewegungen im Dunkel verschwanden, blieben sie jetzt ruhiger. Der Mann konnte die Bache sogar fast streicheln, kein Wunder bei dieser langen Beziehung. Bald darauf kam ein zweites Auto. Das Paar brachte Brot für die Wildschwine mit, bis kurz darauf ein drittes Auto kam und der Fahrer weiteres Futter verstreute. So haben beide Seiten ihren Vorteil: die Schweine bekommen Futter, denn im Winter ist der Tisch für sie nicht so reich gedeckt, und die Menschen haben ihre Freude daran und versuchen, die Tiere bei sich zu halten.
Nachdem wir dem Treiben eine Weile zugesehen haben, gingen auch wir hinaus, um hautnah dabei zu sein.
Das Schauspiel dauerte eine gute dreiviertel Stunde, bis der erste Hunger der Schweine gestillt war und sie wieder im Dickicht des Parks verschwanden, auch die Autos fuhren weg. Die Jungen waren vier weibliche Tiere und ein männliches. Die Bache verstieß den Jungen immer wieder, weil er vielleicht zu aufdringlich wurde. Vielleicht ist jetzt auch bald die Zeit gekommen, da er die Familie verlassen und sich nach einem eigenen Revier umsehen muss. Jedenfalls kam er noch einige Male, um weiter zu futtern.
Es war das beste Abendprogramm, welches wir auf der ganzen Reise hatten, vielleicht auf fast allen unseren Reisen. Es war einfach wunderschön. Da musste ich zurück an meine Kindheit denken, als wir im Winterurlaub im Harz ebenfalls auf halbzahme Wildschweine trafen. Leider hatten wir damals kein Futter dabei.
Zwischen 19 und 20 Uhr bezog ich Stellung am Parkplatz La Dune Beach, einen halben Kilometer nordwärts. Ich sah die Spuren, wo die Wildschweine in die Dünen kommen. Es war jedoch noch nicht spät genug und so ging ich unverrichteter Dinge wieder zurück. Dabei traf ich doch noch auf ein Tier, welches sich vorsichtig und lautlos auf den Weg in die Dünen machte. Es war ein kapitaler Damhirsch. Meine Freude darüber war grenzenlos. Leider ist dieses Foto nichts geworden. Eine zweite Chance bekam ich nicht, da ein Mopedfahrer seine Spaßrunde drehte und vorbeikam. Der Hirsch verschwand im Dunkel.