Guadalupe Mountains – Texas
Langsam, aber stetig an Höhe gewinnend, durchquerten wir auf dem Texas Mountain Trail die Sierra Diablo in Richtung Osten. Ungefähr seit Willcox, Arizona, befinden wir uns in der Chihuahua Wüste. Diese Wüste ist weit, einsam und in den meisten Fällen trostlos. Dagegen ist die Sonora Wüste ein grünes Land.
In den nächsten Tagen hielten wir uns im ehemaligen Gebiet der Mescalero Apachen, die sich selbst Nde nennen, auf. Nach dreißigjährigem Kampf gegen die amerikanische Armee verließ auch der letzte Nde seine Heimat um die Guadalupe Mountains. Die Mescalero Apachen bewohnen seitdem ein winziges Reservat östlich von Tularosa.
Westlich des Guadalupe Mountain National Parks liegen die Alkali Lakes. Gipsablagerungen wie im White Sands National Monument, nur nicht so imposant, und Salzfelder markieren einen der tiefsten Punkte eines urzeitlichen Meeres aus der Permzeit. Das ganze großräumige Gebiet um die Guadalupe Mountains, einschließlich der Bergketten, war Meeresgrund. Irgendwann in grauer Vorzeit hoben sich die Bergketten vom Meeresgrund in die Höhe, das Meer trocknete aus. Gewaltige Sedimentablagerungen entlocken uns heute ein Erstaunen, Forscher suchen nach Fossilien und Wanderer haben ihr Paradies.
Nur aus der Nähe entdeckt man grüne Oasen, Quellen und jede Menge Tiere. Bei Spaziergängen in die Wildnis zum Sonnenuntergang begegneten wir Mule Deers (Maultier Rehe, deren Namen von den riesigen Ohren stammt), die in Familien unterwegs waren. An einem der Abende entdeckten wir Gemsen auf einem der Berggrate, Tausendfüßer kreuzten unseren Weg. Wenn die Sonne untergegangen war, schwirrten die Fledermäuse um uns herum und tranken Wasser aus einem nahen Bachlauf. Tagsüber sieht man eigentlich nur Eidechsen, wobei uns mindestens drei verschiedene Arten erfreuten. Dazu begleiteten uns immer neue Vogelarten auf unseren Wegen.
Eine 4-stündige Wander- und Beobachtungstour, der Wettergott hatte uns gerade den „kühlsten“ Tag der letzten Zeit geschickt, führte uns zur Devil´s Hall, einem Nadelöhr mit hohen Felswänden und natürlichen Treppen im Gestein, durch das das Wasser fließt, wenn denn einmal welches da ist. Die Sedimente sind wie in eine Art Mauerwerk zerfallen, was sehr außergewöhnlich aussieht. Ein Teil des Wanderwegs liegt dann auch direkt im Flussbett, was teilweise aus großen weißen Kalksteinen besteht, über die man klettern muss. Schon lange hatten wir nicht mehr solche Wanderwege.
Ein anderer Wanderweg führte uns zur alten Frijole Ranch, die eine der wenigen sehr gut erhaltenen Ranches in Texas überhaupt ist. Sie hat eine eigene Quelle, die 6 Gallonen Wasser pro Minute liefert. Dazu gehören das Farmhaus, ein Lagerhaus, ein Schulhaus und später bauten die neuen Besitzer noch ein doppeltes Klohaus und ein Gästehaus an, in dem auch der Lehrer der sieben Schüler wohnte. Der Lehrer erhielt 30,-$ im Monat plus Unterkunft, Verpflegung und ein Pferd. Mit ein bisschen Vieh und Garten hielten sie sich über Wasser. Der nächste Laden befand sich 60 Meilen entfernt, was eine fast 24 Stundenreise mit dem Pferdewagen bedeutete.
Eine Tafel fragt den Besucher, wie er in dieser unwirtlichen Gegend überleben könnte. Meine Antwort wäre: neben der eigenen Farm liefert die Natur genügend Kakteen, deren Blätter und Früchte man in der Küche verwenden kann, Wacholderbeeren gibt es allerorten, aus den Stämmen und Wurzeln der Soaptree Yuccas kann man Shampoo und Seife herstellen, wenn man weiß, wie es geht, jagdbares Wild gibt es genug und die Quellen liefern das nötige Wasser. Das dürfte vielleicht für den Anfang genügen, der Rest ergibt sich mit der Zeit. Damals wussten die Menschen auch noch, wie man die Dinge nutzt, die die Natur liefert.
In der Nähe befinden sich zwei weitere Quellen, die Manzanita Quelle nicht weit von der Farm, und die Smith Quelle am Fuße der Berge. Beide Quellen kann man sich durch eine Rundwanderung erschließen. Um die Smith Quelle wachsen Bäume und Sträucher, alles ist grün. Die Quelle selbst liefert aber nicht genug Wasser, um wenigstens die Oase zu verlassen. Schon ein paar Meter weiter versickert das Wasser wieder. Für die Nde war es eine Quelle des Lebens.
An einem der Berghänge entdeckten wir einen langen Felsüberhang, unter dem anscheinend genug Platz für mehrere Menschen zum Leben ist. Mit ein paar großen Steinen sorgte man für Sichtschutz, hatte jedoch von drinnen einen fast 180°-Blick über die Ebene bis zum Horizont. Vor allem in Kriegszeiten ein beachtlicher Vorteil, denn man konnte unschwer erkennen, ob sich jemand nähert.Ein paar wenige Ruinen der Poststation der Butterfield Linie an den Guadalupe Mountains liegen ebenfalls in Straßennähe.