Torun (Thorn)
Zwischen Warschau und Thorn war einmal mehr kein großer Parkplatz zu finden, oder die Parkplätze werden viel zu spät angekündigt und es gibt keine Wendemöglichkeit. Das hieß für uns wieder eine Tour von knapp 200km. Erst in Ciechocinek fanden wir den schönen und günstigen Campingplatz Nr. 17, auf dem wir drei Nächte blieben.
Wieder einmal hatten wir zufällig ein überraschendes Ziel angesteuert. Ciechocinek, ca. 20km südöstlich von Thorn gelegen, ist Kurstadt. 1379 erstmals erwähnt, Standort einer der vielen Deutschordensburgen in Polen, ab 1790 Eigentümer der Solequellen der Gegend. Seither eine bewegte Geschichte mit dem Ergebnis, dass der Kurbetrieb seit 1945 wieder durchgängig läuft.
Seit 1827 entstanden drei Gradierwerke, die zu den größten der Welt gehören. Es sind drei Gardierwerke mit einer Gesamtlänge von 1742,3m und einer Höhe von knapp 16m. Dazu gibt es Salzsiedereien. Die Gradierwerke dienen zur Konzentration des Salzgehaltes des Wassers, welches aus mehreren Quellen mit Hilfe einer Mühle in Kanäle auf den Gradierwerken gepumpt wird. Von dort oben rieselt das Wasser über Schlehenreisig. Dabei verteilt sich ein Teil des Solewassers in der Luft und reichert sie mit Salz-, Jod- und Brommolekülen an. Das angereicherte Solewasser, welches im Gradierwerk nach der Passage des Reisigs gesammelt wird, wird über Rohrleitungen zu den Salzsiedereien geleitet.
Der Besuch des Gradierwerkes kostet 5,-Zl Eintritt pro Person, inkl. Besuch des Oberdecks mit Blick über die Umgebung.
Die Stadt Ciechocinek besitzt mindestens elf Solequellen, denn der „Pilzbrunnen“ steht über der elften Quelle, 415m tief, berichtet eine Tafel. Leider wird der Brunnen gerade überholt und ist verhüllt.
Zur Kurstadt gehören auch mehrere Parks, das alte Kurhaus, heute Tanzsaal mit täglich mehreren Möglichkeiten, selbst das Tanzbein zu schwingen, und mehreren Brunnen. Da findet jeder sein Plätzchen. Viele Kneipen bieten Musik live oder „per Band“. Gerne werden auch diese Möglichkeiten zum Tanzen genutzt.
Natürlich waren wir auch neugierig auf Thorn, dessen Geschichte schon im Jahre 1233 durch die Kreuzritter begann. Was wir zu sehen bekamen, übertraf unsere Erwartungen um einiges. Die Altstadt ist noch immer mehr als einen Kilometer lang von einer Stadtmauer umgeben. Drei Tore sind ebenfalls erhalten und liegen direkt am Ufer der Weichsel. Bewegt man sich innerhalb der Stadtmauer fühlt man sich ins Mittelalter zurückversetzt. Prächtige Backsteinbauten, wunderschöne Fassaden in verschiedenen Stilrichtungen, das riesige Altstädtische Rathaus mit einem Innenhof, enge Gassen und die lange Fußgängerzone, alles ist einfach nur stimmig. Vor allem ist alles noch original, denn so viele Kriege und Zerstörungen Thorn überzogen, es wurde nie viel Schaden an den Bauwerken angerichtet.
Dazu hat Thorn etwas für die kleine Kunst übrig, denn Keramikfiguren zieren viele Fensteröffnungen, Bronzefiguren und Brunnen sorgen für weitere Abwechslung. Zu dem Flößerbrunnen, der auf der einen Seite des Altstädtischen Rathauses steht und durch seine vielen Froschkönige auffällt, gibt es eine Legende. Thorn kämpfte vor Jahrhunderten erfolglos gegen eine Froschplage. Als ein Flößerjunge einmal wieder auf seiner Flöte spielte, umringten ihn die Frösche, die von der Musik verzaubert waren. Also brachte der Flößerjunge die Frösche aus der Stadt, in dem er sie mit seinen schönen Melodien lockte. Die Froschplage war vorbei. Gibt es da eine Parallele zum Rattenfänger in Hameln?
Auf die Partnerschaft mit Göttingen ist Thorn besonders stolz, wie im Innenhof des Altstädtischen Rathauses auf Plakaten gezeigt wird. Das Rathaus ist auch Museum für die Geschichte der Stadt.
In der Altstadt verteilt bieten kleine Läden selbstgemachte Pfefferkuchen an. Das Museum Torunski Pieniki berichtet über die mehr als 700 jährige Tradition der Pfefferkuchenherstellung in Thorn. Im Eintrittspreis ist die eigene Herstellung von Pfefferkuchen enthalten, ganz auf traditionelle Weise. Kaufen kann man die leckeren Teilchen dort auch gleich. Die Thorner Pfefferkuchen zählen zu den besten der Welt.
Die Reste der deutschen Ordensburg, von den Kreuzrittern erbaut, sind auch zu besichtigen. Im Jahre 1454 zerstörten die Stadtbürger die Burg und bauten mit deren Steinen neue ihnen dienliche Gebäude. Inzwischen haben wir schon viele dieser Burgen aus dem 13. und 14. Jahrhundert gesehen, aber die von Thorn sah vollkommen anders aus.
Einen berühmten Sohn hat die Stadt auch: Nikolaus Kopernikus. Er wurde 1473 in Thorn geboren und in der Johanneskathedrale getauft. Das er in Fromburg gestorben ist, hatten wir bei unserem Besuch dort erfahren. Das Kopernikus-Denkmal in Thorn steht schon seit 160 Jahren gegenüber dem alten Postgebäude, am Altstädtischen Rathaus.
Das Parken in und um die Altstadt ist eine Katastrophe. Wir waren ausgerechnet am Mariä Himmelfahrtstag in Thorn, dem höchsten Feiertag Polens. Da ist das Parken zwar kostenlos, außer auf den privaten Parkplätzen, aber einen Platz zu finden ist fast unmöglich. Dazu konnte man auf der Hauptstraße der Altstadt kaum ungestört einen Fuß vor den anderen setzen. Trotzdem waren wir von Thorn beeindruckt.
Den Stadtbummel sollte man am Ufer der Weichsel abschließen, wo viele Stände frisches Riesenbrot, hausgemachte Wurst und Schmalz und viele andere leckere Dinge anbieten.
Übernachtet haben wir auf dem Parkplatz einer Tankstelle westlich außerhalb von Bromberg.