Tallinn
Schon vieles haben wir über Tallinn gelesen und gesehen, aber: Was hat Tallinn mit Marzipan zu tun? Tatsächlich streiten sich die beiden Hansestädte Tallinn und Lübeck darüber, wer das Recht darauf hat, die Süßigkeit erfunden zu haben. Schon im Mittelalter wurde Marzipan in der Tallinner Ratsapotheke als Arznei hergestellt und verkauft. Wie damals wird Marzipan, heute eine Süßigkeit, nach Jahrhunderten nach dem gleichen Rezept hergestellt. Probieren und kaufen kann man die Leckerei z.B. im Stirnhaus an der Großen Gilde oder in der Nähe des KGB-Gefängnisses in der oberen Pikkstraße. Dort ist auch ein kleines Museum untergebracht, freier Zutritt. Es ist unglaublich, was man alles mit Marzipan machen kann. Ich liebe sowieso Marzipan.
Die Ratsapotheke ist die älteste Apotheke in Europa, die seit 1422 ununterbrochen in dieser Funktion besteht. Der Großteil der Räume wird inzwischen allerdings als Antik-Geschäft genutzt.
Tallinn erinnert ein bisschen an Riga, ist aber doch anders. Die Altstadt Tallinns, UNESCO-Weltkulturerbe, ist immer noch weitestgehend von einer Stadtmauer umgeben. Ein kleines Stück davon, am östlichen Tor in der Virustraße, kann begangen werden. Das kostet 3,-€. Viele der Beobachtungstürme sind ebenfalls noch erhalten. Die Stadtmauer umgab die Unterstadt, die seit Gründung 1230 bis Februar 1918 noch Reval hieß. Hier hielten sich die Einwohner, Handwerker und Kaufleute auf. Die deutsche Hanse ließ Reval erblühen. Der Domberg Toompea bildete die Oberstadt, die eher eine kirchliche Welt war. Seit dem 11. Jahrhundert steht die Ordensburg dort, die 1770 Zarin Katharina II. zum Barockschloss umgestaltete. Hier tagt das estnische Parlament. In einem anderen Komplex hat die estnische Regierung ihren Sitz. Verschiedene Botschaften sind auf dem Domberg auch ansässig.
Es gibt drei Aussichtspunkte, von denen aus man auf verschiedene Stadtteile Tallinns blicken kann. Den besten Überblick hat man wahrscheinlich vom Turm der Olaikirche aus, der jedoch nicht umsonst zu haben ist.
Ebenfalls auf dem Domberg steht die Alexander-Newski-Kathedrale. Wie alle orthodoxen Kirchen ist auch diese üppig mit goldenen und silbernen Ikonen ausgeschmückt. Die oberste Kuppel scheint sehr hoch.
Das Zentrum der Unterstadt ist der Rathausplatz, aber es lohnt sich, durch die alten Gassen zu schlendern und durch die offenen Türen der alten Gebäude zu schauen. Noch nie haben wir hinter so viele Türen gesehen wie in Tallinn. Das schönste Gebäude, auf einer Tafel davor ist zu lesen: „14 Stufen ins 15. Jahrhundert“, ist die Olde Hansa“. Das Gebäude, die Innenräume, das Essen, die „Diener“, alles original. Wer das nötige Kleingeld dabei hat, wird in der Olde Hansa auch mit Bären- und Elchfleisch bewirtet. Man sollte jedoch ein Eichhörnchenfell dabei haben, dann spart man sich das Trinkgeld.
In der Pikkstraße sind Gildehäuser ausländischer Händler, das Schwarzhäupterhaus, ein kleiner Park und die Gefängniszellen des KGB zu finden. Sechs Zellen im Keller für 9,-€ Eintritt fanden wir dann doch etwas zu viel. Ein schönes Ensemble bilden die Drei Schwestern, drei Speicherhäuser aus dem Jahre 1362. Heute ist darinnen ein Hotel untergebracht.
Am nördlichen Ende von Tallinns Altstadt steht die Dicke Margarethe, ein gewaltiger Wehrturm, der das Stadttor von See her schützte. Eine Aussichtsplattform und das Maritime Museum können besichtigt werden. Bei unserem Besuch war es leider geschlossen.
Die westliche Seite der Stadtmauer begeht man am besten an der Außenseite, wo ein Gartengelände zu finden ist. Verschiedene Gartenbauarchitekten stellen hier ihre blumigen Kreationen vor.
Die Nunnestraße, an dieser Seite aus der Altstadt kommend, führt direkt zur Markthalle Balti Jaama Turk, hinter dem Bahnhof. Es ist nicht der Zentralmarkt und es herrscht auch kein Marktgewimmel. Unter den Dächern des Marktes wird in mehreren Räumen, großen und kleinen, alles angeboten, was man von einem Markt erwartet. Dazu bieten einige Stände Essen und Trinken in verschiedenen Varianten an, so dass man sich nach einem langen Stadtspaziergang etwas stärken kann.
Wir haben für unser Womo einen großen, leeren und kostenlosen Parkplatz direkt an der Tallinnbucht gefunden, gleich südlich des Yachthafens Pirita, während die beiden Womo-Stellplätze dort sehr teuer und völlig überlaufen sind. Von hier aus kann man unglaubliche Sonnenuntergänge beobachten, hat man einen schönen Blick auf die Skyline Tallinns und sieht die Fähren und Kreuzfahrtschiffe ankommen und abfahren. Auf der langen Promenade kann man die Seele baumeln lassen. Wie immer, hat auch Tallinn viel zu viel für einen Tag zu bieten. Da sind z.B. das Barockschloss im Kadriorg-Park, das Filmmuseum an der Tallinnbucht und der Strand nördlich des Piritahafens.
Von Pirita aus fährt der Bus in die Innenstadt. Eine Fahrt kostet 2,-€ und die Station (Endstation) heißt Viru Keskus. Von dort ist es nicht mehr weit zur Altstadt. Für die Rücktour befinden sich die Haltestellen im Untergeschoss des großen Gebäudes, auf dem Viru Keskus steht.